Nicht schlecht staunte Winnetou abschließend

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Wer kennt das nicht?

Das Gefühl nämlich, dass Zeitungsartikel, die mit „wer kennt das nicht?“ beginnen, gern mit „bleibt abzuwarten“ enden. Soll heißen, dass im journalistischen Vorratsschrank gelegentlich auf Konfektionsware zurückgegriffen wird, die schon seit Jahrzehnten in Regalen vor sich hin angestaubt werden. Zu glauben, dass Leser das ohnehin nicht bemerken, wäre ein Trugschluss, schließlich gibt es bereits ganze Websites, die sich dem Einsatz sprachlicher Dutzendware widmen. Die lieblose Phrase „Nicht schlecht staunte“ zu Beginn eines Artikels feiert Tag für Tag „das größte Comeback seit Lazarus“ – um eine weitere dieser Phrasen zu bemühen. Als selbstkritischer Journalist (ja, auch mea culpa) muss man sich fragen, ob man nicht auch selbst ab und zu dem Immermehrismus anheimfällt, indem man Phänomene, die sich einer exakten Quantifizierung verweigern, eben mit „immer mehr“ beziffert.

Wenn wir schon beim Stil sind – gelegentlich wird das schöne Verb „sagen“ durch, sagen wir, eher unpassende Formulierungen ersetzt. „Es zieht“, schloss der Kapitän das Fenster. „Der arme Hund“, packte er das Häufchen in ein Plastiksackerl. Und um ein wenig scheinbare Authentizität ins Spiel zu bringen, wird das Sagen auch gern mit einer Tätigkeit verbunden, die nicht zwangsläufig etwas damit zu tun haben muss. „Ich habe Hunger“, sagte er und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Ja, eh. Und irgendwann landen wir dann womöglich bei „Hugh“, sprach Winnetou, schnitt sich ein Loch in den Bauch und verschwand darin.

Nicht zu vergessen das „so“, das so gern zum Verbersatz mutiert. Allein, man kann nicht etwas soen. Macht aber nichts, man gewöhnt sich an alles. So auch an die klassischen Schlusspointen in Pressaussendungen vornehmlich politischer Parteien. „Bla bla bla“, so XY abschließend, ist ein Klassiker. Oder, wenn gleich zwei Menschen zitiert werden, „so beide unisono“. Tja, wer kennt das nicht? Doch ob sich das jemals ändern wird, bleibt abzuwarten, so ich abschließend.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2015)

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