HCB: Blut- und Muttermilchtests im Görtschitztal haben begonnen

Das Interesse der Bevölkerung ist viel geringer als erwartet.

Im Kärntner Görtschitztal werden in dieser Woche insgesamt 80 Personen Blut- bzw. Muttermilchproben abgenommen. Die Proben werden auf HCB-Belastung analysiert. In drei Wochen sollen die Ergebnisse vorliegen. Das Interesse der Bevölkerung an den Untersuchungen war viel geringer als erwartet. Das Tal und angrenzende Gebiete wurden HCB-Emissionen durch ein Zementwerk ausgesetzt.

Für die Blutuntersuchungen wurden vom Land Kärnten zunächst knapp 500.000 Euro an Kosten veranschlagt. Es wurde mit rund 1.000 Bluttests - zehn Prozent der Bevölkerung - gerechnet. "Jetzt sind wir weit darunter", sagte Albert Kreiner, Krisenkoordinator des Landes, am Montag zur APA. Das Interesse an Blutuntersuchungen sei viel geringer gewesen als erwartet. Abgelehnt worden sei niemand, von 130 Personen bei den Beratungsgesprächen hätten sich letztlich 80 für eine Analyse entschieden. Nun wird laut Kreiner mit Gesamtkosten für 100 Analysen samt Bewertungen von rund 70.000 Euro gerechnet.

Der überwiegende Anteil seien Blutuntersuchungen, die Muttermilch will sich nur "eine Handvoll" Stillender analysieren lassen. Das Umweltbundesamt ist für die Probenauswertung im Labor zuständig, die Bewertung erfolgt anschließend durch die Med Uni Wien und Professor Michael Kundi. Der Umweltmediziner hatte bereits Anfang Dezember öffentlich eine Garantie abgegeben, wonach es keine Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung gegeben hätte. Am Montag wurden in Eberstein Blutabnahmen durchgeführt, ab Dienstag folgen Brückl, Klein St. Paul und Hüttenberg.

Verschiedene Tabellen

Einen Referenzwert für die HCB-Belastung beim Menschen nannte die Umweltmedizinerin des Landes, Barbara Kohlweg, auf Anfrage der APA nicht. "Den einen, gültigen Wert" gebe es nicht, es gebe verschiedene Tabellen und Studien. Sie verwies auf die Bewertung der Proben, die Professor Kundi vornehmen werde. Eine Erwartung bezüglich des Ergebnisses habe sie nicht, so Kohlweg. Einzelne Muttermilchproben seien bereits ausgewertet. HCB wurde zwar im Großteil der Proben nachgewiesen, es gab jedoch "keinen Hinweis auf eine erhöhte Belastung".

Abgebaut wird das Umweltgift extrem langsam. Die Halbwertszeit im Körper beträgt mehrere Jahre. Eine "medizinisch validierte Methode" zur Beschleunigung des Abbaus gibt es nicht. Kohlweg: "Das Wichtigste ist, jede zusätzliche HCB-Aufnahme ist zu vermeiden."

Das Kärntner Görtschitztal und teilweise auch angrenzende Gebiete sind wahrscheinlich seit 2012 HCB-Emissionen ausgesetzt gewesen. Die Firma w&p, die auch das Zementwerk Wietersdorf betreibt, hat eingestanden, für die Emissionen verantwortlich zu sein. HCB-belasteter Blaukalk aus einer Altlastendeponie der Donau Chemie wurde dort im Rahmen eines Altlastensanierungsprojekts verarbeitet, jedoch wurde der Stoff offenbar an einer falschen Stelle in die Anlage eingebracht. Es wird zudem geprüft, ob es noch anderen Quellen für die Verbreitung von HCB gibt.

(APA)

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