Frankreich: Hollande ordnet Einsatz von 10.000 Soldaten an

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Nach den Terroranschlägen der vergangenen Woche läuft die Fahndung nach Komplizen der Attentäter auf Hochtouren. Hinweise liefert auch ein Bekennervideo.

Paris. Der französische Präsident François Hollande setzt zum Schutz vor neuen Anschlägen auf ein massives Aufgebot an Sicherheitskräften. Polizei und Gendarmerie wurden bei Patrouillen auf den Straßen, in Bahnhöfen und Flughäfen und beim Schutz von Gebäuden bereits in der Vergangenheit von Militärs unterstützt. Jetzt will Hollande für die innere Sicherheit zusätzlich 10.000 Soldaten mobilisieren. Am Montag gab er entsprechende Anweisungen.

Das ist bereits sichtbar: Vor der Nationalversammlung, den Ministerien, aber auch der Kathedrale Notre Dame, dem Eiffelturm und anderen touristischen Sehenswürdigkeiten patrouillieren sehr augenfällig mit Maschinenpistolen und Gewehren bewaffnete Soldaten in schusssicheren Westen. Dieser größte innere Einsatz des Militärs seit dem Ende der Kolonialkriege verdeutlicht, wie ernst der Staat die Bedrohung nimmt.

Schutz von jüdischen Schulen

Namentlich werden neben zahlreichen Moscheen und Synagogen auch alle 717 jüdischen Schulen Frankreichs streng bewacht. Sie könnten ein mögliches Ziel weiterer Attacken sein, wie schon 2012, als der Terrorist Mohammed Merah in Toulouse vor einer jüdischen Schule drei Kinder und einen Lehrer massakrierte. Inzwischen vermutet man auch, dass der Terrorist Amedy Coulibaly am Donnerstag in Montrouge einen Anschlag auf die Schule Yaguel Yacoov plante, dann aber in der Nähe auf zwei Polizisten schoss.

Für eine Entwarnung ist es zu früh. Premierminister Manuel Valls hat am Montag bestätigt, dass die Fahndung nach mutmaßlichen Komplizen von Coulibaly und den Brüdern Kouachi intensiv fortgesetzt wird. Mehrere Angehörige der drei waren in der vergangenen Woche zum Verhör festgenommen worden, wurden aber kurz darauf wieder freigelassen. Von Coulibaly tauchte auf YouTube ein im Voraus produziertes Bekennervideo auf. Darin behauptet dieser nicht nur, sein Vorgehen mit den Angreifern auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ abgestimmt zu haben, sondern ihnen auch mit ein paar tausend Euro zur Beschaffung des Materials ausgeholfen zu haben. Darin bekennt sich Coulibaly auch zum Islamischen Staat.

Die Ermittler schließen aus dem Video, dass Coulibaly mindestens einen Komplizen hatte, der hinter der Kamera stand und die siebenminütige Aufnahme publizierte. Um seine polizeilich gesuchte Freundin Hayat Boumedienne kann es sich dabei nicht handeln, da sie schon am 2. Jänner über Madrid nach Istanbul geflogen sein soll. In einer Wohnung im Pariser Vorort Gentilly fand die Polizei ein ganzes Waffenarsenal.

Die Terrorabwehr versucht, Lehren aus dem Geschehenen zu ziehen, künftig etwa zu vermeiden, dass Gefängnisse den inhaftierten Islamisten zur Verbreitung ihrer Idee dienen. Diese sollen vermehrt von anderen Häftlingen isoliert werden. Besonderes Augenmerk gilt auch der Prävention im Bildungssektor. In rund 70 Schulen gab es Zwischenfälle und Boykotte, als am Donnerstag eine Schweigeminute für die Toten bei „Charlie Hebdo“ abgehalten wurde. Vereinzelt wurden die Opfer sogar verhöhnt, die Attentäter gefeiert.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2015)

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