Erstmals seit 1969: Deutschland ohne neue Kredite

German Finance Minister Schaeuble attends cabinet meeting in Berlin
German Finance Minister Schaeuble attends cabinet meeting in Berlin(c) REUTERS (FABRIZIO BENSCH)
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Früher als geplant gelang Deutschland im vergangenen Jahr eine kleine budgetäre Meisterleistung: Erstmals seit dem Jahr 1969 erreichte der Bund einen ausgeglichenen Haushalt ohne die Aufnahme neuer Schulden.

Berlin/Wien. Andere Staaten mögen mit Budgetzielen kämpfen, mit steigenden Ausgaben und sinkenden Einnahmen – tu, felix Germania, iubila! Zum ersten Mal wieder seit fast 50 Jahren stand im Budget des Bundes am Ende des Jahres 2014 eine schwarze Null. Zuletzt erreichte der Bund 1969 einen ausgeglichenen Haushalt, ohne neue Schulden zur Finanzierung seiner Ausgaben machen zu müssen.

Eigentlich war die kleine budgetäre Meisterleistung erst für heuer geplant. Doch Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte Glück mit unerwarteten Einnahmen. Im Dezember hatten allein die Betreiber von Atomkraftwerken 2,3 Milliarden Euro an den Bund überwiesen, nachdem der Bundesfinanzhof ihre Klagen gegen die Kernbrennstoffsteuer abgewiesen hatte. Dazu kamen weitere Verwaltungseinnahmen von 600 Mio. Euro, höhere Steuereinnahmen von 2,6 Milliarden Euro und – auch das gibt es – weniger Ausgaben als geplant in Höhe von einer Milliarde Euro.

Länder als Problemkinder

Das zusammengenommen machte genau jene 6,5 Milliarden Euro aus, die im Bundeshaushaltsplan 2014 als Neuverschuldung vorgesehen waren. Strukturell gerechnet (ohne Einmaleffekte, konjunkturelle Schwankungen und befristete Maßnahmen) gab es sogar einen Überschuss von 0,28 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Deutschland war schon bisher ein Musterschüler: Im Staatshaushalt 2013 (Budgets von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen zusammengerechnet) blieb am Ende ein Überschuss von 0,3 Prozent, 2012 schaffte man 0,1 Prozent.

Nach Berechnungen des Finanzressorts erwirtschafteten Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung 2014 einen strukturellen Überschuss von einem Prozent des BIP. Ab 2015 sollen es jeweils 0,5 Prozent sein. In absoluten Größen entspricht das etwa 15 Milliarden Euro im Jahr.

Seit dem letzten ausgeglichenen Haushalt auf Bundesebene vor 46 Jahren musste die Bundesregierung fast 1300 Milliarden Euro Schulden aufnehmen. Im vergangenen Jahr wurden 2,5 Milliarden Euro getilgt. Die Schuldenquote geht, gemessen an der Wirtschaftskraft, zurück, weil das Bruttoinlandsprodukt steigt: von 76 Prozent 2014 auf unter 70 Prozent bis Ende 2017. Für Zinsen auf die Altschulden sind 2014 und 2015 rund 27 Milliarden Euro fällig. Das ist der zweitgrößte Etatposten. Am meisten Geld fließt ins Sozialsystem, vor allem in die Pensionen.

Keine Entlastungen

Was mit den Budgetüberschüssen passieren soll, wird in Deutschland heftig diskutiert. Minister Schäuble hatte in einer Vorstandssitzung der CDU/CSU im September 2014 davon gesprochen, das Geld für Investitionen zu verwenden. Eine steuerliche Entlastung etwa durch eine Korrektur der kalten Progression in der Einkommenssteuer lehnte er ab. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2015)

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