Millionengeschäft: Blutdoping als Geldspritze

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Der umstrittene Exlanglauftrainer Walter Mayer wurde festgenommen. Er soll mit dem Blutpräparat EPO gehandelt haben. Drahtzieher des lukrativen Dopinghandels dürfte ein Wiener Apotheker sein.

WIEN.Walter Mayer lag bereits im Bett, als es Sonntagabend an der Tür klopfte. Dann ging alles sehr schnell. Einige Polizisten, darunter Spezialisten der Sonderkommission Doping im Bundeskriminalamt, nahmen den früheren Trainer der österreichischen Langlauf- und Biathlon-Mannschaft fest. Dann kam es zu einer Hausdurchsuchung.

Der 53-jährige Mayer steht unter dem dringenden Verdacht, mit dem Blutpräparat EPO gehandelt zu haben. Dopinghandel ist seit August 2008 in Österreich verboten. Mayer, für den die Unschuldsvermutung gilt, drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Am Montag wurde Mayer in Wien einvernommen. Ob über ihn die Untersuchungshaft verhängt wird, entscheidet sich heute, Dienstag.

Bereits vor zwei Wochen berichtete „Die Presse am Sonntag“ exklusiv, dass der umstrittene Extrainer Mayer bei einer Nachwuchsleichtathletik-Veranstaltung im Kontakt mit jugendlichen Athletinnen war. Mayer reagierte erbost auf den Bericht und beteuerte in Interviews erneut, dass er nie etwas mit Doping zu tun gehabt habe.

Nun wird Mayer von der Kriminalpolizei interviewt. Seine Festnahme hängt mit der Verhaftung eines 33-jährigen Radrennläufers und eines jungen Wiener Apothekers zusammen. Für alle drei gilt die Unschuldsvermutung. Alle drei stehen laut Staatsanwaltschaft Wien unter dem dringenden Tatverdacht des Dopinghandels.

Die Schlüsselfigur in der Affäre dürfte allerdings nicht Mayer, sondern der Wiener Apotheker sein. Wie „Die Presse“ aus Ermittlerkreisen erfahren hat, wurden bei ihm knapp 800 Ampullen des Blutpräparats Erythropoetin (EPO) sichergestellt. Das Medikament fördert die Bildung von roten Blutkörperchen und wird vor allem in der Krebstherapie und bei Dialysepatienten angewendet.

Im Körper eines gesunden Athleten bewirkt EPO eine bessere Sauerstoffversorgung der Muskeln. Unter Ausdauersportlern, allen voran Radfahrern und Langläufern, ist EPO seit Anfang der 1980er-Jahre verbotenerweise im Einsatz.

„Es handelt sich um ein extrem teures Präparat“, berichtetet die Präsidentin der Wiener Apothekerkammer, Ilona-Elisabeth Leitner, auf Anfrage der „Presse“. Eine Ampulle kostet etwa 1000 Euro. Legal in der Apotheke, versteht sich. Was ihr Wiener Kollege dafür wohl auf dem Schwarzmarkt bekommen hat? „Für mich ist diese Tat völlig unverständlich“, sagt Leitner und betont: „Schwarze Schafe gibt es überall.“ Jetzt auch unter Wiener Apothekern.

Tatsächlich dürften im Geschäft mit Doping derart hohe Summen im Spiel sein, dass selbst ein konzessionierter Apotheker dafür seine Existenz aufs Spiel setzt. Denn der verhaftete Pharmazeut kommt nicht etwa aus der Athletenszene und gab die Mittel aus falsch verstandenem Sportsgeist weiter. „Er ist nicht einmal selbst ein engagierter Sportler“, berichtet eine Apothekerkollegin der „Presse“. Sollte sich der Verdacht erhärten, droht dem Wiener nicht nur eine Gefängnisstrafe. Auch seine Tage als Apotheker wären gezählt.

Auch für den umstrittenen Ex-ÖSV-Trainer Walter Mayer dürfte die Affäre nicht nur strafrechtliche, sondern auch berufliche Konsequenzen haben. Mayer ist Mitglied des österreichischen Bundesheeres. Gestern wurde Mayer unverzüglich suspendiert. Im Falle einer Verurteilung muss Meyer mit seiner Entlassung rechnen.

Sport- und Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) begrüßte die harte Vorgangsweise der Justiz gegen Doping. Zur Verhaftung seines Untergebenen Mayer erklärte der Minister: „Meine Skepsis gegenüber der Person Walter Mayer hat sich bestätigt.“

Glosse von Gerhard HoferSeite 27

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2009)

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