Hauptversammlung von Meinl im Visier der Staatsanwälte

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Die minutiöse Vorbereitung einer Hauptversammlung ist für die Staatsanwaltschaft ein Beweis dafür, dass die Angeklagten ihre Taten genau geplant haben. Ein Blick in die Praxis.

Wien.Nach einem exakt vorbereiteten „Drehbuch“ ist die Hauptversammlung der Meinl Bank (MBAG) am 5.2.2009 abgelaufen. Davon ist die Wiener Staatsanwaltschaft fest überzeugt. In besagter Hauptversammlung ist die Ausschüttung einer Sachdividende von 211 Mio. Euro an die Hauptaktionärin der MBAG Far East, beschlossen worden. Der Ablauf dieser Versammlung bestärkt die Staatsanwaltschaft in der Ansicht, dass die Vorstände und zwei der Aufsichtsräte der Bank dabei nach einem „einheitlichen Tatplan“ vorgegangen sind. Sie hat deshalb den Vorstandsvorsitzenden, Peter Weinzierl, und seine Kollegen wegen des Verdachts der Untreue und der versuchten betrügerischen Krida angeklagt.

Die Staatsanwaltschaft verstört, dass die Angeklagten den Aktionären zunächst vorgeschlagen haben, keine Dividende auszuschütten, sondern den gesamten Bilanzgewinn vorzutragen. Der Vertreter der Far East insistierte jedoch auf eine Ausschüttung des Gewinns in Form einer Sachdividende. Dazu kam es bekanntlich dann auch.

„Vorschlag bloß zum Schein“

Folgt man der Staatsanwaltschaft, handelte es sich dabei keineswegs um ein spontanes Ansinnen des Hauptaktionärs, sondern vielmehr um ein abgekartetes Spiel. Zur Veranschaulichung ihrer Behauptung stellt sie das notariell beurkundete Protokoll der Hauptversammlung vom 5.2.2009 einem Protokoll-Entwurf gegenüber, den der Anwalt Oskar Winkler schon Tage zuvor vorbereitet hatte. Bis auf wenige Worte halten sich die Anwesenden an den vorgeschlagenen Text. Ein klarer Beweis für die Anklägerin, dass der Vorstand seinen Vorschlag „lediglich zum Schein“ gemacht habe, „um das Risiko persönlicher Haftungen gegenüber den Gläubigern der MBAG hintanzuhalten“.

Dem Anwalt der Meinl Bank, Georg Schima, ist die Logik der Staatsanwaltschaft nicht zugänglich: „Diese Anklage ist wohl der deutlichste Beweis der letzten Zeit, dass in die Ausbildung der Staatsanwaltschaften in wirtschaftsrechtlicher Hinsicht dringend (noch) mehr investiert werden müsste. Hauptversammlungen werden in der Praxis genauestens vorbereitet. Vor allem in Gesellschaften mit geschlossenem Aktionärskreis gibt es meist keine Überraschungen. Vor dem Versammlungstermin werden daher in der Praxis ,Sprechspiegel‘ in Form mehr oder weniger fertiger Protokollentwürfe verfasst. Eine Staatsanwaltschaft, die das alles nicht weiß, sollte keine Anklage in einem Wirtschaftsstrafprozess vertreten dürfen.“

Doch wie detailliert werden Hauptversammlungen einer Aktiengesellschaft (AG) tatsächlich vorbereitet? Sind genaue „Sprechspiegel“, Entwürfe von Protokollen und Absprachen über die Gewinnverteilung im Vorfeld wirklich Usus, so wie die Meinl-Verteidigung behauptet? „Unabhängig davon, ob es sich um eine börsenotierte Aktiengesellschaft (AG) mit vielen Aktionären handelt oder eine mit einem kleinen Aktionärskreis; der Vorstand hat die Verpflichtung, die Hauptversammlung mit großer Sorgfalt vorzubereiten“, sagt Rechtsanwalt und Gesellschaftsrechtsexperte Clemens Spitznagel. „Dazu gehört zweifellos auch die Erstellung eines Sprechspiegels. Kritisch würde ich es sehen, wenn keiner vorbereitet wird.“ Auch seien Hauptversammlungen, bei denen die Tagesordnung „in großer Geschwindigkeit abgearbeitet werden und nicht länger als eine halbe Stunde dauern“, nichts Ungewöhnliches, sagt der Wiener Notar Klemens Huppmann. „Diskussionen des Vorstands mit dem Aufsichtsrat und dem Wirtschaftsprüfer finden ja in der Regel im Vorfeld statt.“ Gespräche der Organe mit den Aktionären seien ebenfalls nichts Außergewöhnliches. „Das ist ja auch nicht verboten, solange alle Aktionäre gleich behandelt werden.“

Austausch vorweg ist üblich

Deshalb ist es auch durchaus üblich, dass der Vorstand schon vor der Hauptversammlung weiß, ob die Aktionäre eine Gewinnausschüttung wünschen oder nicht. „Der Vorstand kann den Aktionären einen Vorschlag machen, an den sich diese aber nicht halten müssen. Was mit dem Bilanzgewinn passiert, liegt nämlich nach dem Aktiengesetz alleine im Ermessen der Eigentümer“, so Spitznagel. Dass auch im konkreten Fall, jeder Schritt wohlüberlegt war, könne man annehmen, sagt Notar Huppmann: „Die Ausschüttung einer Sachdividende ist nichts, was man einfach so aus dem Ärmel schüttelt. Ihr müssen viele strategische und steuerrechtliche Erwägungen vorangehen, die vorher besprochen werden müssen.“

Ob der Vorstand, wie die Staatsanwaltschaft ankreidet, den Vorschlag, den Gewinn nur zum Schein gemacht hat, um sich vor persönlichen Haftungen zu schützen, wird das Straflandesgericht Wien in Kürze beurteilen. Niemandem könne man aber einen Strick daraus drehen, wenn er versucht, sich so zu verhalten, dass er sich möglichst keiner Haftung aussetzt, betont Spitznagel. „Man kann doch wohl einem Vorstand nicht zum Vorwurf machen, dass er versucht, sich rechtlich abzusichern, sofern er sich dabei an alle Vorschriften hält. Dazu würde jeder Anwalt seinem Klienten raten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2015)

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