Die FPÖ hat's immer schon gewusst

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SONDERSITZUNG DES NATIONALRATES: �BERSICHT(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Der Antrag auf einen Hypo-U-Ausschuss liegt im Parlament, bis zum Start dauert es aber noch einige Wochen. Der Nationalrat beschäftigte sich auch mit dem Terror in Paris.

Wien. Die Lust zur Konfrontation ist gering am Mittwochmorgen im Parlament. „Die Freiheit wird siegen“, sagt Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) und läutet damit die Debatte zu den Terroranschlägen in Paris ein. Und bei der will niemand die anderen Parteien angreifen – sondern sie bestenfalls übertrumpfen. Das passiert am besten optisch, die Nationalratssitzung wird zeitweise zur Schilderschlacht.

„Freiheit der Meinung“ ist auf rot-weiß-roten ÖVP-Taferln zu lesen. Die FPÖ hat alles schon kommen sehen. Der „Radikalislam“ habe keinen Platz, steht auf ihren Warnschildern. Und: „Wir haben gewarnt.“ Die Grünen sind „Charlie, Juif und Ahmet“. Nicht ganz so dick tragen SPÖ und Neos auf, ihre Abgeordneten begnügen sich mit „Je suis Charlie“-Buttons und kleinen französischen Fahnen am Gewand.

Bundeskanzler Werner Faymann nutzt die Gelegenheit, der Kritik der israelitischen Kultusgemeinde den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der Antisemitismus sei immer noch nicht aus Europa verschwunden, sagt er, und reagiert damit auf den Vorwurf, die jüdischen Opfer seien bei der offiziellen Gedenkveranstaltung vergangenen Sonntag ignoriert worden.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) rührt die Werbetrommel für ihren Wunsch nach zusätzlichen Mitteln im Kampf gegen den Terror. Sie will Personal und Ausrüstung aufstocken. Unterstützung erhält sie von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, der für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung plädiert.

Das stört erstmals an diesem Tag die konsensuale Stimmung. „Wir müssen sensibel und vorsichtig vorgehen“, sagt Grünen-Chefin Eva Glawischnig. „Massenüberwachung, wie sie in Frankreich der Fall war, fruchtet nicht.“ Und Neos-Chef Matthias Strolz erteilt den Aufrüstungsplänen der Innenministerin eine Absage: „Wir brauchen richtig ausgebildete Menschen, nicht Panzer.“

Am Nachmittag, bei der Debatte über den Hypo-Untersuchungsausschuss, wirkt die morgendliche konsensuale Stimmung noch etwas nach. Nicht nur, weil die Opposition einig auftritt und sich gegenseitig applaudiert. Auch die Angriffe gegen die Regierung erfolgen schaumgebremst – selbst als FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache ans Rednerpult tritt.

Immerhin findet eine Premiere statt: Erstmals bringt die Opposition den Antrag auf einen Untersuchungsausschuss ein, für dessen Einsetzung die Koalition nach den neuen Regeln für U-Ausschüsse nicht zustimmen müsste. In drei Abschnitten und 52 Unterpunkten wird der Untersuchungsausschuss die Vorgänge rund um die Hypo Alpe Adria untersuchen – beginnend mit den Landeshaftungen unter dem verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider über die Notverstaatlichung bis zum Beschluss, die Bank abzuwickeln. Bis zum Start des U-Ausschusses können aber noch bis zu acht Wochen vergehen.

Die Debatte bietet einen Vorgeschmack, wie die Diskussion im kommenden Jahr ablaufen wird. Strache stellt die aus seiner Sicht nicht notwendige Notverstaatlichung in den Mittelpunkt und versucht, die Verantwortung seiner Parteifreunde für die Haftungen des Landes Kärnten zu relativieren: Diesen hätten nämlich auch SPÖ und ÖVP im Landtag zugestimmt.

Bundeskanzler Faymann antwortet direkt: Die Zustimmung im Landtag sei noch nicht der entscheidende Schritt. Der Untersuchungsausschuss werde zeigen, welche Versäumnisse es vonseiten der damaligen FPÖ-Landesregierung gegeben habe. Und auch die Entscheidung für die Notverstaatlichung und später gegen eine Insolvenz der Hypo verteidigt der Kanzler: Er beruft sich auf die Experten in Nationalbank, Finanzmarktaufsicht und Finanzministerium. Es sei keinem Regierungschef anzuraten, Entscheidungen gegen den Rat dieser Experten zu treffen.

Kabarettistisches Talent

Der grüne Abgeordnete Werner Kogler hat auch eher die Verantwortung der Bundesregierung im Auge. „Bei jeder Art der Weichenstellung hat man den Eindruck, dass der falsche Weg eingeschlagen wurde. Und das 20-mal hintereinander“, sagt Kogler, der sein kabarettistisches Talent aufblitzen lässt. Und das ist an diesem Tag fast schon der Höhepunkt an Kontroversiellem.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2015)

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