Die SNB hebt den Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken auf. Die Schweizer Börse fällt mit bis zu minus 14 Prozent so stark wie noch nie. Der Euro- Kurs fiel auf ein Neun-Jahres-Tief.
Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat überraschend den Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufgehoben. Die im September 2011 eingeführte Untergrenze ist ab sofort Geschichte. Da die SNB den Euro-Mindestkurs nicht mehr durch Stützungskäufe verteidigen will, brach der Kurs der Gemeinschaftswährung um bis zu 28 Prozent ein - so stark wie noch nie. Dabei markierte er mit 0,8639 Franken ein Rekordtief. In seinem Sog geriet der Euro auch zum Dollar ins Rutschen. Sein Kurs fiel auf ein Neun-Jahres-Tief von 1,1665 Dollar.
Schweizer Börse crasht
Begründet wurde das Aus mit dem Erstarken des US-Dollars. Die Unterschiede in der geldpolitischen Ausrichtung der bedeutenden Währungsräume hätten sich in letzter Zeit markant verstärkt und dürften sich noch weiter akzentuieren. Der Euro habe sich gegenüber dem US-Dollar deutlich abgewertet, wodurch sich auch der Franken zum US-Dollar abgeschwächt habe, schrieb die SNB in einer Erklärung.Vor diesem Hintergrund sei die Nationalbank zum Schluss gekommen, dass die Durchsetzung und die Aufrechterhaltung des Euro-Mindestkurses nicht mehr gerechtfertigt sei.
Die Aufgabe des Euro-Mindestkurses durch die Schweizer Notenbank SNB hat einen Kurssturz an der Züricher Aktienbörse ausgelöst. Der Leitindex SMI brach am Donnerstag um bis zu 14 Prozent ein. Das ist der größte Verlust seiner Geschichte. Dabei büßten die dort gelisteten Unternehmen zusammen etwa 140 Mrd. Franken (rund 117 Mrd. Euro) an Marktkapitalisierung ein. Das entspricht in etwa der Schweizer Wirtschaftsleistung eines Quartals. Der Aktienumsatz lag schon zu Mittag fast vier Mal so hoch wie an einem gesamten Durchschnittstag.

Entscheidung kommt überraschend
Damit die Maßnahme nicht zu einer unangemessenen Straffung der monetären Rahmenbedingungen führt, senkt die SNB die Zinsen deutlich. Der Negativzins für Guthaben auf den Girokonten, die einen bestimmten Freibetrag übersteigen, seigt um 0,5 Prozentpunkte auf 0,75 Prozent.
Die Entscheidung kommt insofern überraschend, als der Chef der Schweizer Nationalbank im Oktober in einem Interview mit der "FAZ" versichert hatte , dass an dem Franken-Mindestkurs zum Euro nicht gerüttelt werde.
Schulden in Franken wachsen
Eng könnte es wieder für die Franken-Kreditnehmer werden. Davon sind in Schätzungen der s-Bausparkasse etwa 220.000 Österreicher betroffen. Sie können ihre Kredite nicht mehr auf Basis des Kurses 1,2 Franken je Euro bewerten. Sie verlieren ihre Gewissheit, dass ihre Franken-Kredite keine weiteren Währungsverluste erleiden werden (also dass sich die Kreditschuld vergrößert, indem der Euro zum Franken an Wert verliert).
Die Währungshüter verteidigten rückblickend die Maßnahme: Der Mindestkurs sei in einer Zeit der massiven Überbewertung des Frankens und größter Verunsicherung an den Finanzmärkten eingeführt worden. "Diese außerordentliche und temporäre Maßnahme hat die Schweizer Wirtschaft vor schwerem Schaden bewahrt", hält die SNB fest.
Im Kampf um die Durchsetzung des Mindestkurses hat die SNB wiederholt am Devisenmarkt intervenieren müssen. Daher sind die Devisenbestände der SNB auf etwa 500 Mrd. Franken angeschwollen. Zuletzt profitierte sie von der Aufwertung der Dollar-Anlagen, was ihr einen Jahresgewinn von 38 Mrd. Franken bescherte. Nun drohen aber markante Verluste auf den Euro-Beständen.
(APA/sda)