Generalsekretär Neumayer: Ungleiche Vermögensverteilung auch "Erfolg sozialdemokratischer Politik" - Erbschaftssteuer für Stiftungen "gefährlich" - Einkommensmobilität hoch - GRAFIK
Die Industriellenvereinigung (IV) sieht die Grenzen der Umverteilung erreicht und lehnt einen weiteren Ausbau bei der Steuerreform ab. Generalsekretär Christoph Neumayer warnte am Donnerstag vor Journalisten außerdem vor der Erbschaftssteuer. Deren von der SPÖ geplante Umlegung auf Stiftungen sei "gefährlich". Zuletzt seien schon mehrere Stiftungen in die Schweiz umgezogen.
Dass Reiche in Österreich zu wenig beitragen und Umverteilung nicht funktioniert, sieht die IV als "Mythos". Österreich sei bei der "Einkommensmobilität" nämlich EU-weit Spitzenreiter (2011 wechselten 64,6 Prozent der Haushalte in ein höheres bzw. niedrigeres Einkommensdezil). Auch das Steuersystem trägt für Neumayer ausreichend zur Umverteilung bei - und zwar nicht nur durch die progressive Lohnsteuer, sondern auch inklusive der degressiven Sozialabgaben, Mehrwertsteuer und Kapitalertragssteuer.
Laut den von Neumayer vorgelegten IHS-Zahlen steigt die Steuerbelastung der Haushalte mit steigendem Einkommen nämlich weitgehend linear an - von 31 Prozent im zweiten Zehntel auf 41,1 Prozent im best verdienenden Dezil. Einen "Ausreißer" gibt es nur bei den absoluten Geringverdienern: Sie bezahlen mit 39,2 Prozent des Einkommens überproportional hohe Steuern. Ausschlaggebend hierfür ist die Mehrwertsteuer. Im Gegenzug ist diese Gruppe freilich auch der größte Nettoempfänger von Sozialleistungen (742 Euro pro Monat).
"Privates Vorsorgesparen in Österreich überflüssig"
Einen weiteren "Mythos" sieht die IV auch in der ungleichen Vermögensverteilung. "Es ist klar, dass das Vermögen ungleicher verteilt ist als das Einkommen", sagt Clemens Wallner, wirtschaftspolitischer Koordinator der Industriellenvereinigung - und zwar, weil Österreich seit Jahrzehnten weder Krieg noch Hyperinflation erlebt habe. Ausschlaggebend ist aus seiner Sicht aber auch, dass der Sozialstaat "privates Vorsorgesparen" in Österreich weitgehend überflüssig mache.
Das Argument der IV: Während in anderen Ländern für Pension und Eigenheim gespart werde, womit auch die breite Masse Vermögen aufbaue, habe Österreich staatliche Pensionen, Krankenversicherung und Genossenschaftswohnungen. Dass die somit zwangsweise ungleichere Vermögensverteilung nun als Argument für eine Vermögenssteuer verwendet wird, empfindet Neumayer als "Treppenwitz": "Das ist letztlich auch der Erfolg sozialdemokratischer Politik der letzten Jahrzehnte."
Würde man etwa staatliche Pensionsanwartschaften als Vermögen berücksichtigen, dann wäre die Vermögens-Verteilung laut IV deutlich "gleicher": Der "Gini-Koeffizient" der Vermögensverteilung (bei 0 haben alle gleich viel, bei 1 besitzt einer alles) würde demnach von 0,76 auf 0,4 sinken.
Der IV-Generalsekretär sieht die Grenzen der Umverteilung in Österreich daher erreicht und lehnt Vermögens- und Erbschaftssteuer ab. Tatsächlich nötig wäre aus seiner Sicht aber mehr "Bildungsgerechtigkeit", weil der Bildungsabschluss der Eltern an die Kinder weitergegeben werde. Nötig wäre aus seiner Sicht auch eine Reform der Verwaltung und des Föderalismus.
(APA)