Franken-Kredite: Heimische Häuselbauer in Nöten

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220.000 Österreicher sind von der Franken-Aufwertung betroffen. Sie haben noch Franken-Kredite über mehr als 22 Milliarden Euro offen.

Die Schweizer Wirtschaft steht nach der überraschenden Aufwertung des Schweizer Franken unter Schock. Für den österreichischen Tourismus sei es hingegen ein Segen, ist Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek überzeugt: "Vorarlberg und Tirol werden sich wahrscheinlich ins Fäustchen lachen". Schwierige Zeiten drohen dagegen zahlreichen österreichischen Häuselbauern; nämlich denjenigen unter ihnen, die ihre Kredite in Schweizer Franken aufgenommen haben. Nach einer Schätzung gibt es in Österreich nach wie vor ein Volumen von rund 22 Mrd. Euro an aushaftenden Schweizer-Franken-Krediten. Geht man von durchschnittlich 100.000 Euro pro Kredit aus, dann haben sich durch den unerwarteten Schritt der Schweizer Notenbank für 220.000 Österreich ihre Kredite auf einen Schlag massiv verteuert, schätzt der Chef von s-Bausparkasse und s-Wohnbaubank, Josef Schmidinger.

"Das aushaftende Franken-Kreditvolumen hat sich zwar in den letzten zwei Jahren um 20 Prozent reduziert, aber über 20 Milliarden haben wir noch", sagte Schmidinger am Donnerstag im Gespräch mit der APA. "Wenn der Franken um ein Prozent aufwertet, dann ist das kein Thema. Aber wenn es größere Schwankungen gibt, dann kann es natürlich wieder zu Bewertungsthemen bei den Häusern kommen." Nachdem sich nun der Franken gegenüber dem Euro um knapp 15 Prozent verteuert hat, ist das Volumen der aushaftenden Kredite binnen kürzester Zeit um etwa drei Milliarden Euro gestiegen.

Buchschulden steigen deutlich

Bislang war selbst bei einem Kurs von 1,20 Euro die Situation für  Franken-Schuldner alles andere als rosig. Ein Schuldner, der sich Anfang 2000 zu einem Gegenwert von 200.000 Euro in Schweizer Franken verschuldete, hatte bei dem "gekoppelten Kurs" bis Oktober 2014 eine (Buch-)Kreditschuld von rund 265.000 Euro angesammelt. Der Währungsverlust betrug 65.000 Euro. Dieser hat sich nach Beendigung der Stützung durch die Schweizer Notenbank und der dadurch ausgelösten Frankenaufwertung etwa um weitere 40.000 Euro erhöht.

Nachbesicherungen könnten kommen

Das Problem sei, dass die meisten Kredite von Hausbauern in den Jahren 1999 bis 2008 aufgenommen worden seien. Viele der mit dem Geld gebauten Häuser hätten inzwischen eher an Wert verloren und würden daher zur Besicherung der nun plötzlich größer gewordenen Kreditschulden nicht mehr ausreichen, erklärte Schmidinger. "Es könnte nun sein, dass die Banken Nachbesicherungen verlangen."

Wenn man dazu nicht in der Lage sei, werde man von der Bank aufgefordert werden, den Kredit in Euro zu konvertieren. "Dann haben Sie als Kunde den Kursverlust endgültig kassiert und müssen den höheren Eurobetrag zurückzahlen, wenn Sie sich das finanziell leisten können." Allerdings seien Euro-Kredite derzeit sehr günstig, "daher hat man da von der Kreditfähigkeit her etwas Luft."

Keine Auswirkung auf Staatsanleihen

Auf österreichische Staatsanleihen hingegen habe die Maßnahme keine Auswirkungen, sagte die Chefin der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA, Martha Oberndorfer, am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. "Wir haben keine Fremdwährungsrisiken", so Oberndorfer, die mit positiven Effekten auf Österreichs Wirtschaft rechnet.

Fremdwährungen seien bei der für die Schuldenaufnahme zuständigen Agentur grundsätzlich abgesichert. "Die Wechselkursparität tangiert uns daher nicht", sagte die Finanzmanagerin der Republik. Für die heimische Wirtschaft könne es durchaus positive Effekte geben. "Eher ein Vorteil" sei es etwa für den Tourismus im Westen Österreichs, weil ein Winterurlaub gegenüber einem in der Schweiz billiger werde.

(APA)

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