Die Kärntner Ärzte, von SPÖ-Klubchef Seiser „Kälber“ genannt, fordern, dass sich Landeschef Peter Kaiser entschuldigt. In Oberösterreich wird am Freitag weiterverhandelt, in Wien rechnet man demnächst mit einer Einigung.
Wien/Linz/Klagenfurt. Sie sitzen zwischen den Fronten, aber nicht am Verhandlungstisch und sind daher zum Zuschauen verdammt: Die Patienten in den Spitälern Oberösterreichs und Kärntens und jene am Wiener AKH sind mit Leistungseinschränkungen konfrontiert, weil sich Ärzte und Dienstgeber in diesen Ländern nicht einig werden.
Die Spitalsärzte fordern höhere Grundgehälter, weil ihnen durch die neue Arbeitszeitregelung Zuverdienstmöglichkeiten wie Nachtdienste genommen wurden. Seit Jahresbeginn dürfen sie im Schnitt nur noch 48 Stunden pro Woche arbeiten, bisher waren es 60.
Am AKH gibt es zwar seit Mittwoch eine Grundsatzvereinbarung, wonach die Grundgehälter stufenweise angepasst werden, rückwirkend mit Jahresbeginn. Trotzdem versammeln sich alle Spitalsärzte Wiens am Montag zu einer Protestkundgebung im Museumsquartier. Während in Linz die stockenden Verhandlungen heute, Freitag, fortgesetzt werden, findet in Klagenfurt ein Warnstreik statt.
Anlass ist ein Zitat Bertolt Brechts, das der Klubchef der Kärntner SPÖ, Herwig Seiser, auf die Spitalsärzte umgelegt hat: „Hinter der Trommel her trotten die Kälber, das Fell für die Trommel liefern sie selber.“ Die Zeilen stammen aus dem Gedicht „Kälbermarsch“, einer Abrechnung Brechts mit den Nazis. Die Ärztekammer, die das Gehaltsangebot des Landes nach wie vor ablehnt, findet den Vergleich „abscheulich“ und fordert eine Entschuldigung, auch von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).
In Linz hält Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) an seinem Modell fest: Höhere Grundgehälter soll es nur für Jungärzte und den Mittelbau geben, da die Spitzenmediziner schon jetzt viel mehr – bis zum Zwanzigfachen – verdienten.
Die Ärztekammer wirft Pühringer vor, eine Neiddebatte zu schüren. Außerdem versteht sie nicht, warum die neue Arbeitszeitregelung nicht längst umgesetzt ist. Immerhin handelt es sich um eine Direktive der EU, die schon vor elf Jahren ausgegeben wurde. Andere Bundesländer wie Niederösterreich hätten viel schneller reagiert.
Neue Dienstpläne in Wien?
In Wien sei die Situation „nicht so dramatisch“ wie in Kärnten und Oberösterreich, sagt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres, obwohl es auch hier zu Versorgungsengpässen komme. Die Verhandlungen verliefen „konstruktiv“, sowohl mit dem Krankenanstaltenverbund als auch mit dem Wissenschaftsministerium, das für die AKH-Ärzte zuständig ist. In beiden Fällen rechnet Szekeres mit einem Abschluss „in den nächsten Wochen“.
Allerdings haben die Ärzte weitere Forderungen, die sie am Montag zum Ausdruck bringen werden. Dazu gehören neue Dienstpläne und das Bekenntnis der Spitalsverwalter, dass sich die Ärzte nur noch auf medizinische Tätigkeiten konzentrieren können. Sprich: „Alles andere muss delegiert werden.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2015)