Zu wenig Geld für die ärmsten Länder

 Erik Solheim
Erik Solheim(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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OECD-Bericht drängt Österreich zu mehr Engagement und Mitteln.

Wien. Mit feierlichen Worten haben die EU-Spitzen im lettischen Riga vor wenigen Tagen das Europäische Jahr für Entwicklung ausgerufen, unter dem Motto: „Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“. In Österreich soll der offizielle Startschuss dafür Ende Jänner fallen, ebenfalls mit prominenter Besetzung. Doch in Sachen Entwicklungszusammenarbeit hat Wien nicht viel zu feiern – das zeigt nun ein Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris.

Nach scharfen Einschnitten 2009 – dem Jahr des letzten Prüfberichts – hat Wien seine Mittel für Entwicklungszusammenarbeit lediglich stabilisiert. Das selbst gesetzte Ziel der Industriestaaten, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für die Entwicklung ärmerer Länder einzusetzen, verfehlt Wien bei Weitem: Laut den neusten OECD-Zahlen lag der Beitrag im Jahr 2013 bei 0,28 Prozent.

„Österreich bleibt unter seinen Möglichkeiten“, sagt deshalb auch Erik Solheim, der Vorsitzende des OECD-Entwicklungsausschusses, im Gespräch mit der „Presse“. Er fordert mehr Geld – und mehr Initiative. Am Donnerstag präsentierte er den Bericht in Wien.

Solheim selbst kommt aus Norwegen, dem Musterschüler der Entwicklungshilfe: 1,07Prozent seines BNE gibt das Land dafür aus. Aber auch Sparzwänge lässt er nicht als Entschuldigung gelten: „Großbritannien hat seine Ausgaben gerade auf 0,7 Prozent erhöht – und das zu einer Zeit großer Sparpolitik. Diese Erfolgsstory ist ein Beispiel politischer Führung.“

Zeitplan bis zur Ziellinie

Der Bericht fordert deshalb einen rechtlich verbindlichen Zeitplan, der festlegt, wie Österreich das Ziel erreichen will. Die Umsetzung der insgesamt rund 20 Empfehlungen ist freiwillig.

Die Vorgaben des vorherigen Reports von 2009 wurden nur teilweise umgesetzt – auch das wird deutlich. Schwachstellen sehen die OECD-Experten auch bei der Koordination der Hilfe. So sind viele Regierungsstellen involviert, die sich besser aufeinander abstimmen müssten – unter der Führung des Außenministeriums. Weiters drängt der Bericht zu noch stärkerer Prioritätensetzung. Die Gelder gingen zum größten Teil in die Elfenbeinküste, die Türkei, nach Bosnien, China, Togo und in die Ukraine. Nur 14 Prozent der bilateralen Mittel gingen 2012 an die österreichischen Schwerpunktländer.

Positiv hebt der Bericht das Engagement des Privatsektors hervor. Die Auswertung von Projekten sei besser geworden. Ein Lokalaugenschein der österreichischen Aktivitäten in der Republik Moldau fällt positiv aus.

Für Vertreter von Nichtregierungsorganisationen alles andere als zufriedenstellend. „Trotz aller Verbesserungen fehlt letztendlich der politische Wille“, konstatiert Annelies Vilim von der Initiative Globale Verantwortung, einem Dachverband von 38 NGOs. (raa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2015)

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