Papstbesuch: Glockengeläut für Menschenfischer

Pope Francis is greeted by Philippines´ President Benigno Aquino upon his arrival at Villamor Air Base for a state and pastoral visit, in Manila
Pope Francis is greeted by Philippines´ President Benigno Aquino upon his arrival at Villamor Air Base for a state and pastoral visit, in Manila(c) REUTERS (OSSERVATORE ROMANO)
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Auf den Philippinen könnte Papst Franziskus noch mehr Gläubige anziehen als Johannes Paul II. anno 1995. Die Filipinos hoffen auf ein liberales Signal des Jesuiten.

Auf Strommasten, auf Straßenlaternen, an Hauswänden in Manila und allenthalben auf dem philippinischen Archipel ist das Konterfei des Papstes affichiert, und darunter der Willkommensgruß in der Landessprache Tagalog: „Mabuhay“. „Viva Santo Papa“: So lautet die Devise für den Besuch von Papst Franziskus auf den Philippinen, der mit rund 80 Millionen Christen größten katholischen Nation Asiens und der drittgrößten weltweit nach Brasilien und Mexiko. Präsident Benigno Aquino hat den heutigen Freitag extra zum Feiertag proklamiert.

Es ist die erste Papstvisite im südostasiatischen Inselreich seit bald 20 Jahren, seit „Menschenfischer“ Johannes Paul II. beim Weltjugendtag im Rizal-Park in Manila rund vier Millionen Gläubige anzog. Und beim Abschlussgottesdienst in dem weitläufigen Park der Millionenmetropole am Sonntag könnte der leutselige Jesuit, der als junger Priester einst erwog, in die Mission nach Asien zu gehen, jenen Rekord sogar noch übertreffen.

Schon bei seiner Ankunft am Donnerstagabend säumten Hunderttausende unter dem Glockengeläut der Kirchen die Straßen Manilas, Millionen Filipinos werden auf den Beinen sein, wenn Franziskus im eigens ausstaffierten weißen Jeepney – dem gängigen Kleinbus – durch die Hauptstadt fährt oder bei einer Stippvisite in Tacloban in der Provinz Leyte der Opfer des Hurrikans Haiyan im November 2013 gedenkt, der allein auf den Philippinen mehr als 6000 Tote forderte.

„In Gottes Namen zu töten ist Verirrung“

Präsident Aquino empfing den Papst mit Handkuss, Manilas Erzbischof Luis Antonio Tagle mit herzlicher Umarmung, und für die „Vaticanisti“ – die professionellen Papst-Beobachter – ist dies von besonderem Interesse, galt doch der heute 57-jährige Kardinal bereits bei der Papstwahl 2013 als „papabile“. Sein Kurs an der Gerüchtebörse ist seitdem weiter gestiegen. So stürmisch war der Tropenwind auf der Luftwaffenbasis in Manila, dass er den Pileolus – das Käppi – des Papstes gleich zwei Mal hinwegfegte. Der 78-Jährige ließ sich davon indessen nicht irritieren und kommentierte die Kontroverse um die Mohammed-Karikaturen im Satireblatt „Charlie Hebdo“ mit gewohnter Deutlichkeit: „Jede Religion hat ihre Würde.“ Die Meinungsfreiheit stoße dann auf ihre Grenzen, wenn sie die religiösen Gefühle anderer verletze.

Er erinnerte an die Religionskriege unter dem Banner der katholischen Kirche, verurteilte zugleich den islamistischen Terror: „Wir sind auch Sünder. In Gottes Namen zu töten ist eine Verirrung.“ Für Heiterkeit sorgte er, als er, quasi als „Don Francesco“, an seinen „Reiseleiter“ gewandt sagte: „Jeden, der meine Mutter beleidigt, erwartet ein Faustschlag.“

Auf den Philippinen ist die katholische Kirche traditionell eine Hausmacht. Im Zuge der gelben Revolution 1986 gegen Diktator Marcos spielte Kardinal Jaime Sin als graue Eminenz eine eminente Rolle. Nach seinem Appell zum gewaltfreien Widerstand jagten Millionen Filipinos den Marcos-Clan aus dem Malacañang-Palast. Später übte Sin als Berater der Präsidentin Cory Aquino, einer strenggläubigen Katholikin und Mutter des heutigen Präsidenten, weiter großen Einfluss aus.

Sukzessive schwand indes seither die Macht der katholischen Kirche auf der Inselwelt, und viele Katholiken erhoffen sich vom unorthodoxen Papst aus Argentinien ein liberales Signal. Denn auf den Philippinen sind Scheidung – als einzigem Staat neben dem Vatikan – und Abtreibung nach wie vor verboten, und um die Empfängnisverhütung entbrennt regelmäßig eine heftige Debatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2015)

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