Inflation: Teures Leben – made in Austria

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Mit 1,7 Prozent Inflation im Jahr 2014 liegt Österreich in Europa weiter an der Spitze bei den Preissteigerungen. Die Gründe: wachsende Steuern, steigende Gebühren und hohe Mieten.

Wien. Wer sinkende Preise fürchtet, kann sich bei der Regierung bedanken. Während die Teuerungsrate in der Eurozone weiterhin sinkt und mancherorts schon negativ ist, kann man in Österreich weiterhin kräftig steigende Preise beobachten. Konkret: ein Plus von 1,7 Prozent im Jahr 2014. Zum Vergleich: Im gesamten Euroraum stiegen die Preise vergangenes Jahr nur um 0,4Prozent. Österreich bleibt damit das Land mit der höchsten Inflationsrate in der Eurozone. Grund für die Differenz: hohe Steuern, steigende Gebühren und teure Mieten.

Im Dezember ging es mit den Preissteigerungen aber auch in der Alpenrepublik zum ersten Mal seit Langem deutlich abwärts. In diesem Monat betrug das Plus nur noch ein Prozent – so tief war die Inflationsrate schon seit fünf Jahren nicht mehr gewesen. Die Daten zum Jahr 2014 wurden von der Statistik Austria am Freitag präsentiert. Die Teuerungsrate von 1,7Prozent im Gesamtjahr 2014 war laut Statistik Austria die bisher viertniedrigste in diesem Jahrtausend, noch tiefer lag sie lediglich 2009 (+0,5Prozent), 2006 (+1,5Prozent) und 2003 (+1,3 Prozent). Zudem war die Inflation in Österreich voriges Jahr auch geringer als in den drei vorhergehenden Jahren 2013 (+2,0 Prozent), 2012 (+2,4 Prozent) und 2011 (+3,3 Prozent).

(c) Die Presse

Österreicher mieten gern

Für die derzeit sinkende Inflation sind in Österreich – wie auch im Rest Europas – vor allem die sinkenden Energiepreise verantwortlich; der Ölpreis befindet sich ja weiterhin im Keller. „Wir sind in Österreich aber noch nicht dort, wo man von einer Deflation sprechen könnte“, so Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer. Rechnet man die Energiepreise raus, kommt man aber auch im Dezember auf die „gesunde“ Inflationsrate von 1,6 Prozent.

Die Europäische Zentralbank definiert eine „gesunde“ Inflation mit „knapp unter zwei Prozent“. Die durchschnittliche Teuerungsrate in Österreich lag in den vergangenen zehn Jahren bei 2,1 Prozent, also knapp über dem Inflationsziel. Dennoch: Sieht man sich die Details an, wird schnell klar, dass der Großteil der heimischen Teuerung nicht „gesund“ ist, sondern hausgemacht.

Einerseits wären da die Mieten, die in Österreich viel rasanter steigen als in Deutschland oder dem Rest der Eurozone. Vor allem der Vergleich mit Deutschland sei relevant, weil die Deutschen ähnlich gern in Mietwohnungen lebten wie die Österreicher, so Pesendorfer. In jedem Monat im Jahr 2014 lagen die Mietpreise in Österreich mit Steigerungen von bis zu fünf Prozent deutlich über jenen im Euroraum (1,3 bis 1,4 Prozent) oder in Deutschland (1,5 Prozent, siehe Grafik). Als Grund für die stark steigenden Mietpreise nennt er die wachsende Nachfrage sowie die in vielen Verträgen vorgesehene Anpassung der Mietkosten an die Inflationsrate – die es in Deutschland bei Weitem nicht so häufig gebe, so Pesendorfer.

Das führt dazu, dass die Mietpreise in Österreich wegen der Teuerung steigen – und zusätzliche Teuerung verursachen. Bei öffentlichen Gebühren – etwa bei Tickets für die öffentlichen Verkehrsmittel– ist das ähnlich. Überhaupt ist der Anteil der „administrierten Preise“ an der hohen Inflation nicht zu unterschätzen.

Persönliche Inflation

„Administrierte Preise“ sind all jene, die nicht vom Markt, sondern von einer Bürokratie festgelegt werden – also neben Öffi-Tickets auch kommunale Gebühren (Wasser, Abfall etc.) und sogar Theaterkarten. Steigende Steuern werden hier ebenfalls berücksichtigt. Die „administrierten Preise“ sind 2014 um satte 2,9 Prozent gestiegen.

Statistikexperte Josef Auer nennt vor allem die Anhebung der motorbezogenen Versicherungssteuer als Grund – aber auch die Erhöhung der Lottopreise im Juni. Nahrungsmittel sind in Österreich im Schnitt stärker gestiegen als im Euroraum, wenngleich sich die Dynamik im Jahresverlauf abschwächte. Von Mai bis September sanken die Preise für Nahrungsmittel im Euroraum sogar um bis zu 1,1 Prozent, was Pesendorfer zum Teil auch auf die Sanktionen des Westens gegen Russland zurückführt – vor allem Deutschland sei davon betroffen gewesen.

Im Jahresverlauf 2014 ging die Teuerung von 1,6 Prozent im Jänner auf 1,5 Prozent im Februar zurück, um danach kontinuierlich bis Juni auf den Jahreshöchstwert von 1,9 Prozent anzusteigen. Danach sank sie im September und Oktober bis auf 1,6 Prozent.

Um die Inflation möglichst gut abbilden zu können, ist die Statistik Austria mit dem Wirtschaftsministerium in Gesprächen, um vom Handel die Scannerdaten zu erhalten. „So könnten wir Rabattaktionen viel besser erfassen“, sagte Pesendorfer. Vor Kurzem hat die Behörde einen Inflationsrechner auf ihrer Website gelauncht, damit jeder seine persönliche Inflation berechnen kann. Je nach Gewichtung kann sie nämlich von den offiziellen Daten erheblich abweichen. (jil/ag.)

AUF EINEN BLICK

Die Inflationsrate lag im vergangenen Jahr in Österreich bei 1,7 Prozent – im Euroraum aber nur bei 0,4. Die Differenz ist auf steigende Steuern und Gebühren sowie hohe Mieten zurückzuführen. Im Dezember ist die Teuerung in Österreich auf ein Prozent gesunken. Grund dafür sind aber die sinkenden Energiepreise. Wer diese herausrechnet, kommt auf 1,6 Prozent Teuerung im Dezember.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2015)

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