"Charlie Hebdo": Gewalttätige Proteste in islamischen Ländern

Senegal
SenegalAPA/EPA (ALIOU MBAYE)
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Pakistan, Senegal, Jordanien, Niger, Türkei: Tausende Muslime haben gegen "Charlie Hebdo" demonstriert. Es gab Verletzte und Tote.

Einen Tag nach den gewaltsamen Protesten gegen die Mohammed-Karikatur der jüngsten "Charlie Hebdo"-Ausgabe in Niger hat es in dem westafrikanischen Land erneut Zusammenstöße gegeben. Die Polizei ging am Samstag mit Tränengas gegen Demonstranten in der Hauptstadt Niamey vor, wie AFP-Reporter berichteten.

Zu dem von den Behörden untersagten Protest nahe der Großen Moschee der Stadt versammelten sich mindestens tausend Jugendliche. Einige von ihnen bewarfen die Einsatzkräfte mit Steinen, andere zündeten Autoreifen an. Demonstranten auf Motorrädern skandierten "Allahu Akbar" (Gott ist groß).

Bereits am Freitag hatte es in der zweitgrößten Stadt Zinder schwere Ausschreitungen aus Protest gegen die Mohammed-Karikatur in der neuen Ausgabe des französischen Satiremagazins gegeben. Mindestens vier Menschen wurden getötet und 45 weitere verletzt, als Muslime ein französisches Kulturzentrum und drei Kirchen in Brand steckten.

Auf dem am Mittwoch erschienenen "Charlie Hebdo"-Titel ist eine neue Mohammed-Karikatur zu sehen. Der Prophet hält weinend ein "Je suis Charlie"-Schild - Symbol der Solidarität mit den zwölf Menschen, die in der vergangenen Woche von zwei islamistischen Attentätern bei einem Anschlag auf die Satirezeitung getötet wurden. Die Wut über die neuerliche Mohammed-Karikatur hatte sich auch schon nach den Freitagsgebeten vielfach in Gewalt entladen.

Brennende Flaggen und Wasserwerfer 

Im pakistanischen Karachi wurden drei Menschen verletzt, darunter ein AFP-Fotograf, dem in den Rücken geschossen wurde. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Mitglieder der muslimischen Jamaat-e-Islami-Partei vor, die vor dem französischen Konsulat demonstrierten. Ein Zweig der pakistanischen Taliban, die Jamat-ul-Ahrar, feierte die beiden Attentäter von Paris. Sie hätten "die Erde von schmierigen Gotteslästerern befreit".

In Dakar und in Mauretanien steckten erboste Muslime französische Flaggen in Brand. Einen der größten Proteste gegen "Charlie" gab es in Jordanien. 2500 Demonstranten zogen nach dem Freitagsgebet durch die Hauptstadt Amman. "Die Beleidigung des Propheten ist globaler Terrorismus", stand auf einem Plakat. In Algier zogen ebenfalls bis zu 3000 Menschen unter dem Ruf "Wir sind alle Mohammed" durch die Gassen.

"Franzosen, Bande von Feiglingen"

Auf dem Jerusalemer Tempelberg versammelten sich hunderte Muslime. In der Menge waren auch Fahnen der radikalislamischen Hamas zu sehen. "Franzosen, Bande von Feiglingen", riefen einige Demonstranten.

In Baddawi, einem Vorort der libanesischen Stadt Tripoli, rief der Imam: "Möge Gott die Zeitung und ihre Unterstützer bestrafen." In der Moschee El-Fath in Tunis riefen Gläubige, die "Charlie"-Zeichner "verdienten den Tod, weil sie unseren Propheten oft beleidigt haben".

"Wir sind alle Kouachi"

Im türkischen Istanbul versammelten sich rund hundert Menschen zum Gedenken an die Attentäter Cherif und Said Kouachi. Eine radikale Bruderschaft hatte dazu aufgerufen. Porträts der Brüder und des getöteten Chefs des Terrornetzwerks Al-Kaida, Osama bin Laden, wurden hochgehalten. Auf Plakaten stand: "Wir sind alle Kouachi."

Die US-Regierung verurteilte die Ausschreitungen. Alle Seiten müssten auf Gewalt verzichten, sagte Außenamtssprecher Jeffrey Rathke in Washington. "Kein journalistisches Handeln, so verletzend es in den Augen mancher auch sei, rechtfertigt Gewalt", fügte er hinzu.

(APA/AFP/dpa)

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