Food Notify: »Viele Küchenchefs arbeiten schon mit Tablets«

(c) Michael Molzar
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Seit Kurzem müssen auf Speisekarten allergene Stoffe gekennzeichnet werden. Das Start-up Food Notify reduziert diesen Aufwand auf ein Minimum. Dabei wollte Gründer Thomas Primus erst Rezeptwettbewerbe veranstalten.

Wann wussten Sie, dass Sie Unternehmer werden wollen?

Thomas Primus: Das ist eine schwierige Frage, das hängt viel damit zusammen, woher man kommt und wie man erzogen wurde. Ich musste mich erst einmal davon lösen, was meine Eltern von mir erwartet haben. Man will seine Eltern ja nicht enttäuschen. Die Tendenz zum Unternehmertum war aber immer schon in mir drinnen.


Wie lang hat es gedauert, bis Sie sich getraut haben zu gründen?

Ich habe sieben Jahre im Banking gearbeitet, als Sales im Derivatehandel. In der Finanzmarktkrise wurden so viele Regulatorien eingeführt, da ist mir der Sinn abhandengekommen. Wir waren nicht mehr am Kunden dran.

Was hat Ihnen in der ersten schwierigen Zeit als Gründer geholfen?

Da haben mir amerikanische Autoren sehr viel geholfen. In einem Buch gab es eine Ideenchecklist, mit der man für sich abklären kann, ob man den richtigen Job hat. Sie hängt jetzt bei mir als Flipchart im Büro. Eine Frage ist: „Werden Sie die nächsten zehn Jahre von dieser Thematik fasziniert sein?“ Auf dem Flipchart steht, was mich persönlich interessiert. Da stehen dann so Sachen wie Tauchen, Reisen, Spielen, gutes Essen.


Gutes Essen – war das Interesse daran die Initialzündung für Food Notify?

Ja, obwohl die ursprüngliche Idee eine andere war. Ich wollte eine gamifizierte Rezeptplattform entwickeln. Es gibt so viele Rezeptplattformen im Internet. Die meisten werden aber nicht kuratiert. Als Nutzer ist man dann zwischen 200 Rezepten für Spaghetti bolognese verloren. Wir hatten die Idee, für jedes Rezept einen Wettbewerb auszuschreiben: Wer macht die besten Spaghetti bolognese? Und dies dann zum Beispiel von einem Nudelerzeuger sponsern zu lassen.


Warum hat das nicht geklappt?

Wir haben einen Workshop bei Inits gemacht. Da hat sich herausgestellt, dass sich unser Modell nicht finanzieren lässt. Ein Berater hat gesagt: „Besetzt eine Nische, macht das Gleiche, nur kleiner.“ Da bin ich dann über das Gesetz zur Allergenkennzeichnung gestolpert.

Inwiefern hat Ihnen die Vorarbeit für die Rezeptplattform geholfen?

Die Rezepteplattform war auch schon so gedacht, dass die Menschen ihre Nährwerte nachrechnen können. Das ist ja ein Riesentrend. Nach der Allergenkennzeichnung tritt ja auch noch die Verordnung zur Nährwertkennzeichnung in Kraft.


Was ist der Mehrwert von Food Notify für Ihre Kunden, Hoteliers und Gastronomen?

Unser Produkt spart Zeit. Wir bieten eine cloudbasierte Webapplikation an. Viele Küchenchefs arbeiten ja schon mit Tablets. Wenn ich ein Rezept erstelle, gebe ich die Liste von Zutaten ein. Dann drücke ich auf „Berechnen“ und bekomme die Allergene fertig zugewiesen. Wenn ich die Daten eingetragen habe, kann ich sie sofort mit wenigen Mausklicks weiterverarbeiten. Ich kann eine Speisekarte machen, Catering-Kärtchen, kombinierte Rezepte, z. B. Semmelknödel, Schweinsbraten und Kraut, ein Tagesmenü erstellen. Wir haben schon über 1000 Rezepturen wie Wienerschnitzel oder Kalbsgulasch, man muss nur noch darauf achten, wie man es kocht – mit Butterschmalz, mit Öl etc. – und das dann modifizieren. Jeder kann so kochen, wie er kocht. Das war uns sehr wichtig.

Wie viele zahlende Kunden haben Sie?

Wir haben 186 zahlende Kunden von 1393 registrierten Nutzern im deutschsprachigen Raum. Die Deutschen haben die Österreicher gerade überholt. Die Kunden können zwischen verschiedenen Abo-Modellen wählen, von drei bis zu 24 Monaten. Das hängt dann davon ab, ob ich eine Speisekarte täglich ändere oder nur einmal im Jahr. Preislich bewegt sich das zwischen 29 und 59 Euro pro Monat.


Im Vergleich zu Ihrem früheren Job leben Sie jetzt vermutlich von der Hand in den Mund?

Zurzeit lebe ich von meinen Ersparnissen. An sich haben wir Gründer in das Start-up nichts investiert bis auf unsere Arbeitszeit. Wenn man den Gehaltsverzicht berücksichtigt – das sind bei mir etwa 75.000 Euro im Jahr –, ist das aber schon eine schöne Summe. Ich arbeite jetzt intensiver und mehr als früher. Trotzdem bin ich in allen Lebensbereichen viel glücklicher als zuvor.

Allergisch

FoodNotify bietet eine cloudbasierte Web-Application an, die nach Eingabe von Zutaten für ein Rezept die Allergene ausschildern. Werden auch die Mengen angegeben, dann errechnet die Anwendung auch die Nährstoffwerte aus.
Allergenverordnung. Die Kennzeichnungspflicht für allergene Zutaten in der Gastronomie ist seit 13. Dezember 2014 in Kraft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2015)

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