Der Stapo-Akt verschwand erst in den Neunzigerjahren aus dem Staatsarchiv. Der tschechische Historiker Tomek glaubt, dass Zilk in erster Linie für die CIA gearbeitet hat.
Wien/Prag. Es gibt Themen, die sogar Werner Faymann in Rage versetzen. Dienstag nach dem Ministerrat wird ihm die unausweichliche Frage gestellt: Soll eine Historikerkommission die Spionagevorwürfe gegen Helmut Zilk prüfen? Flugs schaltet der Kanzler seinen Stimmmodus von leise-bedacht auf laut-emotional um: „Nein. Wir müssen Zilks Ansehen schützen und können daher darauf verzichten!“ Denn „irgendwelche Kommissionen“ würden den Eindruck erwecken, dass an den Vorwürfen „etwas dran ist“. Es sei jedem Historiker unbenommen, auf eigene Faust zu forschen. Der Vizekanzler neben ihm hat eine etwas andere Sicht: Es sei auch im Interesse Zilks, wenn diese „schwerwiegenden Vorwürfe“ aufgeklärt werden, sagt Josef Pröll.
Wie „Die Presse“ berichtete, lagerte im Staatsarchiv jahrzehntelang ein die Spionagevorwürfe betreffender Staatspolizeiakt über Helmut Zilk. Er dürfte dort erst in den Neunzigern von einem Beamten des Innenministeriums ausgehoben worden sein. Der Verbleib des Akts ist unklar. Der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, Herbert Anderl, hat sich nun der Sache angenommen und prüft die Vorgänge. Der Akt könnte noch existieren, meinen Experten.
Fälschung auszuschließen
Prokop Tomek, jener tschechische Militärhistoriker, der schon „Mladá fronta Dnes“ und „profil“ bei der Enthüllung der Zilk-Vergangenheit beratend und die Fakten prüfend zur Seite stand, glaubt, dass Zilk auch für den US-Geheimdienst CIA tätig gewesen ist. Er habe die Zusammenarbeit mit dem CSSR-Geheimdienst sogar mit Wissen der CIA aufgenommen, wird Tomek in „Mladá fronta Dnes“ zitiert.
Dass es sich bei der Akte Zilk des CSSR-Geheimdiensts um eine Fälschung handle, sei laut Tomek auszuschließen. Man könne kein Dossier von mehreren hundert Seiten fälschen. Es habe zudem ein ausgeklügeltes System gegeben, um die Veruntreuung von Geldern zu verhindern. Zilk-Verteidiger mutmaßten zuletzt, die CSSR-Agenten hätten das ihm zugeschriebene Honorar selbst eingesteckt.
Der Zeithistoriker Stefan Karner hält Tomek, Mitunterzeichner der Charta 77, für einen „sehr vorsichtigen und integren Kollegen“. Tomek sitzt wie Karner im Beirat für die diesjährige niederösterreichische Landesausstellung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2009)