Haus der Geschichte: Zum hundertsten Geburtstag ein Museum

WELTMUSEUM WIEN WIRD VERKLEINERT
WELTMUSEUM WIEN WIRD VERKLEINERT(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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2018 kann die Republik Österreich ihr Jubiläum doch würdig feiern – mit einer Sparvariante. Das Weltmuseum in der Neuen Hofburg soll den Platz abgeben. Doch Kulturminister Ostermayers Plan ist noch recht vage.

Der Wettlauf zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich wird spannend. Da wie dort soll nun bis 2017 ein Haus der Geschichte entstehen. In Sankt Pölten wird bereits das niederösterreichische Landesmuseum umgebaut und erweitert, mit jahrzehntelanger Verspätung will nun der Bund in Wien dieses Versäumnis gutmachen. Mit wenig Budget und einem Projekt, das sich als Anhängsel des Weltmuseums (früher: Museum für Völkerkunde) in der Neuen Burg am Heldenplatz präsentiert.

Wie das gehen soll? Ganz einfach: Das (seit Jahren gesperrte) Weltmuseum soll auf 3900 Quadratmeter Ausstellungsfläche verkleinert werden. Und damit werden 3000 Quadratmeter für das Haus der Geschichte frei, das 2018 zum hundertsten Geburtstag der Republik Österreich eröffnet werden könnte. Von den früher errechneten 4600 Quadratmetern als Mindestanforderung für ein Geschichtsmuseum ist keine Rede mehr. Die redimensionierte Sparvariante soll 16,6 Millionen Euro – für beide Museen – kosten.

So sehen es die ersten Vorstellungen von Kulturminister Ostermayer vor, die er am Montag mit der Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, Sabine Haag, und Weltmuseum-Chef Steven Engelsman akkordiert hat. Dass dieses (noch sehr vage) Konzept bereits der Sonntags-„Kronenzeitung“ offeriert wurde, ist einmal mehr der Affinität des Duos Faymann/Ostermayer zum Kleinformat geschuldet.

Die Geschichte Österreichs ab dem Jahr 1848 soll hier abgebildet werden. Dass die knappen Mittel dafür reichen, wird von Experten, die sich seit Jahren damit beschäftigen, bezweifelt. Ostermayer will sich nun mit Nationalbibliothek und Staatsarchiv besprechen. Letzteres ist dem Kanzleramt unterstellt, konkret Sektionschef Manfred Matzka. Ob das Haus der Geschichte eigenständig oder in einem Museumsverbund geführt werden soll, ist auch noch nicht geklärt, hieß es am Montag im Ostermayer-Büro.

Stets die Ausrede: Kein Geld

Seit Jahrzehnten steht das Haus der Geschichte auf der Agenda jeder neuen Bundesregierung – passiert ist kaum je etwas. In jeder Regierungserklärung stand es, nichts geschah seit den Sechzigerjahren, als erstmals an ein Geschichtsmuseum gedacht wurde. Den Berufspolitikern war das kein Anliegen. Stets die Ausrede: kein Geld. Aber es lag – was beweisbar ist – am mangelnden Geschichtsverständnis der handelnden Personen, freilich auch an der traditionellen Uneinigkeit der Historiker. „Die Presse“ hat seit 15 Jahren die jeweils Regierenden auf dieses eklatante Versäumnis hingewiesen. Erst im Frühjahr 2014 zeigte sich ein erster Erfolg.

Bei einem Gespräch mit Niederösterreichs Landeshauptmann, Erwin Pröll, witterte dieser seine Chance, dem säumigen Bund in dieser Sache zuvorzukommen. Bereits im April beschloss der Landtag die Errichtung eines Hauses der Geschichte im Regierungsviertel von St. Pölten. Das Landesmuseum wird sich auf die Zeitgeschichte konzentrieren, die bildende Kunst wird samt und sonders an das Kunsthaus Krems abgegeben.

Jetzt könnte auch in Wien endlich ein Durchbruch in Sicht sein. Es ist müßig, an die fruchtlosen Versuche zu erinnern, die diese Zeitung unternahm, um die Bundespolitiker zu mahnen, dass es eine Schande sei, sich der eigenen Geschichte so einfach zu verweigern; wie unverantwortlich es sei, immer neue Lehrergenerationen heranzubilden, zeitgeschichtlich völlig uninformiert oder einseitig ideologisch programmiert. Und jeder zeigte sich im Gespräch durchaus einsichtig.

Es wurden Historikerkommissionen eingesetzt, Papiere erstellt, linke Ideologen sanft ausgebremst, es konnte interner Streit wieder ausgeräumt werden – und dann war wieder nichts. Helmut Zilk und Hannes Androsch waren die Letzten, die von sich aus das Projekt unterstützten und auch Einfluss auf aktive Politiker nahmen. Aber weder Kanzler Schüssel (V) noch der spätere Vizekanzler Wilhelm Molterer wurden in der Sache aktiv. Schüssel überließ die Sache seinen schwächsten Ministern – Gehrer und Platter. Damit war klar, dass daraus gar nichts werden sollte. Gehrer hatte 2001 die Fehlentscheidung getroffen, das Völkerkundemuseum dem KHM, ihrem Schützling Wilfried Seipel, zu unterstellen. Dann wurde es einfach geschlossen.

300.000 Euro für Vorstudien

Der nur kurz amtierende Wissenschaftsminister Hahn zeigte im Gespräch mit der „Presse“ kein Interesse an dem Geschichtskonzept, empfahl lediglich, sich das Gebäude der Börse am Ring anzusehen, vielleicht wäre das zu haben... Seit dem Frühjahr 2006 mühten sich dann Historiker, Archivare und Museumsdirektoren mit der Entwicklung eines Konzepts. 22 Persönlichkeiten, an der Spitze Manfried Rauchensteiner, Stefan Karner, Günter Düriegl, Mario Christian Ortner, Kurt Scholz, Manfred Jochum, opferten kostenlos ihre Arbeitszeit – einem Phantom. Im Juni 2007 lieferten sie schließlich dem Kanzleramt eine Roadmap ab. Im November 2008 beauftragte Kanzler Gusenbauer – schon im Abgehen – Profis mit einem Detailkonzept, die Arge Haas Beratung für Museen und Kultureinrichtungen und LordEurop Cultural Ressources. Er zeigte sich durchaus engagiert. Binnen drei Monaten sei der Auftrag zu erledigen, hieß es. Und Ende 2009 sollte ein Architektenwettbewerb stattfinden...

Rund 300.000 Euro sind inzwischen in diverse Vorstudien geflossen. Vier Ministerien mussten sich diese Summe zähneknirschend teilen. Aber zu wesentlichen Ergebnissen hat dies alles nicht geführt.

Nach all diesen unerquicklichen Finten der Wiener Politiker nun also die Wende. Wenn alles klappt, kann die Republik 2018 ihren hundertsten Geburtstag gebührend feiern. In abgespeckter Form. Und parallel dazu auch in Sankt Pölten...

WER HAT EXPONATE?

Tauziehen: Sollten sich der Kulturminister und die Bundesregierung mit dem Haus der Geschichte am Heldenplatz durchsetzen, dürfte ein spannender Kampf um die Ausstellungsstücke beginnen. Nicht nur im Wien-Museum liegen wichtige Exponate, auch das Heeresgeschichtliche Museum wird sich dagegen wehren, aus dem Bestand etwas herzugeben. Minister Ostermayer gibt sich im Gespräch mit der „Presse“ hingegen optimistisch. Ein kleiner Schatz lagert übrigens im Fundus des HGM: die Überreste der großen Republik-Ausstellung des Jahres 2005 im Belvedere.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2015)

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