Franken-Anstieg kostet Banken Geld

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File photo of logos of Deutsche Bank AG in Tokyo(c) REUTERS (Toru Hanai)
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Geldhäuser dürften durch die Freigabe des Franken-Kurses Milliarden verloren haben. Sie dürften das Risiko einer Währungsänderung unterschätzt haben.

New York. Geschätzte 400 Millionen Dollar an Verlusten haben Citigroup, Deutsche Bank und Barclays zusammen angehäuft, nachdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) überraschend ihren Mindestkurs für den Euro aufgegeben hatte. Doch die Auswirkungen der Entscheidung dürften in den kommenden Tagen auch noch weitere Banken erfassen. „Es wird Milliardenverluste geben – derzeit wird ihre Höhe noch errechnet“, sagte Mark T. Williams, Spezialist für Risikomanagement an der Universität Boston. „Betroffen sind große Banken, Brokerhäuser, Hedgefonds, Investmentfonds und Devisenspekulanten. Die Auswirkungen werden im gesamten Finanzsystem zu spüren sein.“

Hedgefonds musste schließen

Citigroup, der weltgrößte Devisenhändler, habe an den Handelstischen mehr als 150 Mio. Dollar verloren, sagte eine Person, die mit den Vorgängen vertraut ist. Wie weiter zu erfahren war, soll die Deutsche Bank 120 Mio. Dollar eingebüßt haben, bei Barclays seien es unter 100 Mio. Dollar gewesen. Nachdem die SNB am vergangenen Donnerstag ihren Mindestkurs für den Euro aufgegeben hatte, war der Franken an dem Tag um bis zu 41Prozent gegenüber dem Euro in die Höhe geschossen. Sprecher der drei Banken wollten sich dazu nicht äußern.

Hedgefondsmanager Marko Dimitrijevic hat informierten Kreisen zufolge seinen größten Fonds geschlossen, nachdem praktisch das gesamte Anlagekapital durch die SNB-Entscheidung verloren gegangen war. Ende 2014 hatte der Fonds ein Volumen von 830 Mio. Dollar. FXCM, der größte Devisenmakler für Privatkunden in den USA, erhielt eine Liquiditätsspritze über 300 Mio. Dollar von Leucadia National. Zuvor hatte FXCM gewarnt, die Verluste der Kunden gefährdeten die Kapitalbasis. Den Franken leer zu verkaufen war eine beliebte Handelsstrategie, und die meisten Akteure hatten ihre Positionen über Kredite gut 20-fach ausgeweitet, wie Williams berichtete. Bei einem solchen Hebel radiert eine Bewegung von fünf Prozent gegen die Position den gesamten Wert aus.

Dennoch galt die Handelsstrategie als relativ risikoarm nach den Modellen der Finanzfirmen, weil die Volatilität des Franken durch den Mindestkurs für den Euro- beziehungsweise Franken-Deckel der SNB als begrenzt galt, so Williams. Bei der Citigroup lag der gesamte sogenannte Value at Risk (VAR) im Handel– der mögliche Handelsverlust an einem Tag– im dritten Quartal bei 105 Mio. Dollar. Davon entfielen 32 Mio. Dollar auf Risken bei Devisengeschäften. Bei der Deutschen Bank betrug der durchschnittliche VAR in einer Stresssituation bei Marktturbulenzen in den ersten neun Monaten 2014 109 Mio. Euro. Hierbei bezogen sich 27 Mio. Euro auf Devisenrisken. „Das macht deutlich, dass die Banken immer noch Glücksspiel betreiben mit dem Eingehen von Positionen“, sagte Gordon Kerr, Berater bei Cobden Partners in London und ein früherer Banker. Die Gesellschaft berät Regierungen. „Broker, die Geld verloren haben, werden sich Sorgen machen, ihre Kunden zu verlieren und vor einem Abfluss an Liquidität zu stehen.“

Folgen für Wirtschaft

Die Schweizer Banken, die bislang keine Zahlen zu Verlusten bekannt gegeben haben, werden nach Einschätzung von Arturo Bris, Professor an der IMD Business School in Lausanne, längerfristig wahrscheinlich ebenfalls leiden. „Zum einen wird es den Zufluss von Geldern von außerhalb bremsen und den Abzug von Geldern aus der Schweiz in andere Länder fördern. Zum anderen werden sie durch die negativen Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft getroffen werden.“ (Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2015)

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