In dem Akt der Staatspolizei mit dem Titel "Fall Mittwoch" wird Zilk nicht als Agent, sondern als "Informator" bezeichnet. Zilk wusste demnach aber, dass seine Informationen an den CSSR-Geheimdienst flossen.
Der Akt der österreichischen Staatspolizei zu den Spionage-Vorwürfen gegen Helmut Zilk ist aufgetaucht. Das Innenministerium hatte zuvor erklärt, es habe den Akt seit den 70er-Jahren nicht mehr. Das Original in Papierform dürfte vernichtet worden sein, die Staatspolizei fand nun jedoch eine Version auf Mikrofilm. Das berichtete der "ORF" am Mittwoch.
Der Akt beruft sich auf eine ungenannte Quelle und führt die Causa als "Fall Mittwoch". Er wurde nach dem Prager Frühling, im Herbst 1968, angelegt. Darin wird Zilk nicht als Agent des kommunistischen Geheimdienstes der Tschechoslowakei bezeichnet, sondern als Gesprächspartner bzw. "Informator". Allerdings habe Zilk gewusst, dass seine Äußerungen an den Geheimdienst geflossen seien. Er habe gefordert, dass seine Mitteilungen nicht zum Schaden Österreichs verwendet werden sollten. Sein Motiv soll gewesen sein, Reformpolitik zu betreiben.
Dem Akt zufolge war dem CSSR-Geheimdienst die Verbindung zu Zilk wichtig. Zilk sei daher mit Samthandschuhen angefasst worden. Ob er Geld für seine Auskünfte erhielt, geht aus dem Akt nicht hervor.
Ex-CSSR-Führungsoffizier mit ORF-Büro?
Aus den Unterlagen geht auch hervor, dass einer der CSSR-Führungsoffiziere, Jiri Starek, nach dem Prager Frühling in Österreich geblieben sein und kurzfristig ein Büro im ORF bekommen haben soll, wo Zilk Programmdirektor war.
Der ehemalige ORF-Generalintendant Gerd Bacher erklärte dazu, er wisse nichts davon. Selbst wenn das - etwa aufgrund des sowjetischen Einmarsches in der CSSR - passiert sein sollte, hätte er das nicht erfahren. "Büros habe ich nicht vergeben", so der langjährige Freund Zilks. Er könne sich das aber nicht vorstellen, denn man habe damals im Sinne der österreichischen Neutralität besonders auf Objektivität Wert gelegt.
Faymann weiter gegen Historikerkommission
SP-Bundeskanzler Werner Faymann sagte nach dem Auftauchen der Zilk-Akte am Mittwoch, er halte die Einsetzung einer Historiker-Kommission weiterhin nicht für notwendig. Die Vorwürfe gegen den verstorbenen Wiener Altbürgermeister seien nicht neu, und Zilk habe zu Lebzeiten bereits dazu Stellung genommen. Diese Erklärungen waren aus Faymanns Sicht "völlig ausreichend".
Mitarbeiter des Staatsarchiv suchte in Eigeninitiative
Aufgestöbert wurde der Zilk-Akt von Staatsarchiv-Mitarbeiter Rudolf Jerabek. Jerabek hatte in Eigeninitiative danach gesucht. "Es gab keinen offiziellen Auftrag dazu, aber im Zuge der Berichterstattung habe ich mich dann doch dahinter geklemmt", sagte Jerabek am Mittwoch.
Dass es im Staatsarchiv weiteres Material gebe, schließt er aus: "Hier gibt es sonst sicher nichts". Der Mikrofilm ist nach Informationen des Staatsarchivs in den späten 1990er-Jahren von der damaligen staatspolizeilichen Gruppe des Innenministeriums in das Archiv der Republik gelangt.
(Ag./Red.)