Urschitz meint: Das größte Konjunkturpaket „aller Zeiten“?

Ein Abwertungswettlauf ist keine Lösung, sondern selbst das Problem.

Analysten nennen es bereits das „größte Konjunkturpaket aller Zeiten“: Ultraniedrige Rohstoff- und Energiepreise, kaum sichtbare Minizinsen und bald auch noch eine nie gesehene Liquiditätsschwemme durch die EZB, die als angenehmen Nebeneffekt den Euro noch exportfreundlicher weichspült. Wenn das die Eurozonen-Wirtschaft nicht auf Vordermann bringt – was dann?

Die Frage ist relativ einfach zu beantworten: Die Praxis zeigt, dass die Stimulierungsinstrumente, die einer Notenbank zur Verfügung stehen, vor allem in Situationen wie jetzt krass überschätzt worden.

Die Schweizerische Nationalbank etwa hat es trotz des abenteuerlichen Gelddruckens (die SNB hat ihre Bilanzsumme verdreifacht und damit in Sachen Geldschwemme Amerikaner, Japaner und EZB bei Weitem übertroffen) nicht geschafft, den Franken weich genug zu kriegen, um ihn an den Euro zu ketten. Und wie die Versuche Japans, Inflation herbeizudrucken, ausgegangen sind, muss hier auch nicht erläutert werden.

Die angekündigte EZB-Liquiditätsschwemme wird also wohl den Euro wie gewünscht weiterdrücken und damit den einen oder anderen Exporterfolg generieren. Sie wird die ohnehin verdammt heiß gelaufenen Immobilien- und Aktienmärkte weiterhin befeuern. Aber sie wird keine wirkliche Trendwende einläuten. Dem stehen einfach die verknöcherten Strukturen in der Eurozone entgegen, die von populistischen Wirtschaftspolitikern nicht und nicht angegangen werden.

Solange, wie es der Schweizer Notenbankpräsident formuliert hat, Europa „seine Hausaufgaben nicht erledigt“, bringen Liquiditätsschwemmen wie die geplante vielleicht kurzfristige Erleichterung, richten langfristig aber eher Schaden an.

Ein Blick in die jüngere Geschichte ist da vielleicht hilfreich: Die österreichische Wirtschaft steht heute nicht so gut da, weil sie in den Siebzigerjahren beim europäischen Abwertungswettlauf mitgemacht hat, sondern, weil sie durch eine (von Hannes Androsch übrigens gegen den damaligen Willen der Industrie verordnete) Hartwährungsrosskur auf Vordermann gebracht wurde. Nur so zum Nachdenken.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Finanzminister Hans Jörg Schelling
International

EZB-Geldschwemme: "Für Österreich nicht negativ"

Die Republik habe "kein Deflationsproblem", betont der Finanzminister. Vielmehr ortet er Schwierigkeiten mit dem starken Franken.
Verwaltungsgebaeude  der europaeischen Zentralbank in Frankfurt/Main (EZB)
International

Deutschland: Ökonom warnt vor Währungskrieg

Ökonom Krämer warnt vor "Konflikten mit anderen Ländern". DIW-Chef Fratzscher glaubt an Vorteile für deutsche Exporteure.
FILE USA MOODYS
International

Ratingagentur Moody's rechnet mit Deflation in Eurozone

Die US-Ratingagentur schätzt die Auswirkungen der EZB-Geldschwemme als "begrenzt" ein.
OENB-CHEF EWALD NOWOTNY IM KLUB DER WIRTSCHAFTSPUBLIZISTEN
Österreich

EZB-Geldflut: Klares Jein aus Österreich

Analyse. Ewald Nowotny hat nicht für die Geldflut der EZB gestimmt. Auch nicht dagegen. Er hat sich enthalten. Das ist nicht viel – aber ein Signal, dass Österreich noch nicht im "Club Med" sitzt.
Wirtschaftskommentare

Mit dem letzten Pulver in den Ofen geschossen

Werden wir bald Zeugen von Staatsfinanzierung aus der Notenpresse?

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.