Steinbrück: Geschäfte mit Steueroasen erschweren

(c) Reuters (Rafael Marchante)
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Finanzminister Steinbrück bringt mit seinen Plänen den Koalitionspartner gegen sich auf. Deutschen Firmen drohen steuerliche Nachteile und mehr Bürokratie.

Berlin.Während in der deutschen Regierung der Streit über das „richtige“ Vorgehen gegen Steueroasen eskaliert, herrscht zwischen den möglicherweise betroffenen Ländern und Berlin rege Besuchsdiplomatie. Österreichs Finanzminister, Vizekanzler Josef Pröll (VP), führte am gestrigen Mittwoch in der deutschen Hauptstadt Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), seinem Amtskollegen Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), in deren Zentrum das Thema Bankgeheimnis und Steuerflucht stand. Die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey wird nächste Woche in Berlin erwartet.

Dass Steinbrücks SPD Geschäfte mit Steueroasen erschweren will, treibt den Koalitionspartner CDU/CSU auf die Barrikaden. Der Widerstand der Union verhinderte, dass die Gesetzespläne wie ursprünglich geplant am Mittwoch im Kabinett behandelt werden konnten. Stattdessen gab es eine heftige Debatte im Finanzausschuss des Bundestages.

Union gegen „Generalverdacht“

Deutsche Firmen, die seit Jahren normale Geschäftsbeziehungen zu Österreich und der Schweiz unterhalten, dürften nicht benachteiligt werden; 99 Prozent dieser Unternehmen hätten nicht das Thema Steuerhinterziehung im Rücken, erklärte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Otto Bernhardt. Man dürfe die Geschäftsleute nicht unter Generalverdacht stellen. Die Union will vermeiden, dass pauschal jede Firma ihre Steuerehrlichkeit beweisen muss, wenn sie Geschäftsbeziehungen zu einem Staat hat, der die OECD-Richtlinien gegen Steuerhinterziehung nicht vollständig umgesetzt hat.

Die Union beharrt daher auf Änderungen im Gesetzestext, Steinbrück will jedoch an seinem Entwurf festhalten und die Causa notfalls zum Wahlkampfthema machen. Er plant, Bürgern und Firmen besondere Auskunftspflichten gegenüber dem Fiskus aufzuerlegen, wenn sie Geschäftsbeziehungen zu Banken und Unternehmen in Steueroasen unterhalten. Es drohen steuerliche Nachteile und mehr Bürokratie.

Merkel verteidigt Steinbrück

Sperrig formuliert, ist im Gesetzesentwurf die Rede davon, „bestimmte steuerliche Regelungen ganz oder zum Teil nicht anzuwenden oder von der Erfüllung erhöhter Nachweispflichten abhängig zu machen“. So soll die Bundesregierung festlegen können, „dass der Abzug von Betriebsausgaben, die Entlastung von Abzugssteuern oder die Steuerbefreiung für zwischengesellschaftliche Dividenden versagt werden können“. Weiters will man eine „Verbesserung der Möglichkeiten der Finanzbehörden zur Aufklärung steuerlicher Sachverhalte durch erweiterte Mitwirkungs- und Aufbewahrungspflichten“.

Österreichs Finanzminister Pröll hatte im Vorfeld seines Berlin-Besuchs klargestellt, dass er „keinen Druck, sondern eine faire Diskussion unter EU-Partnern“ erwarte. Zuerst müsse Artikel 26 des OECD-Abkommens über die Informationsweitergabe in Steuerfragen genau interpretiert werden; dann könnten Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Österreich beginnen.

Vor allem die Schweiz hatte zuvor empört reagiert – auf Steinbrücks Drohungen mit einer schwarzen Liste. Auch in Deutschland selbst war der rüde Ton des Finanzministers gegenüber Steueroasen kritisiert worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte dazu: „Dass die Androhung einer Liste zu so vielen Reaktionen geführt hat, ist ja erstmal ein interessantes Phänomen. Dass man aber, wenn Bewegung in eine Sache kommt, denjenigen dann vielleicht nicht übermäßig an den Pranger stellen muss, das glaube ich, ist auch eine Möglichkeit.“

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2009)

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