Die Bundesheer-Gewerkschaft kritisiert den "Dilettantismus" rund um das neue Besoldungssystem und sieht Bundespräsident Fischer gefordert.
Die Bundesheer-Gewerkschaft in der GÖD steigt wegen des neuen Besoldungssystems für den öffentlichen Dienst auf die Barrikaden: "Der Dienstgeber hat einen Vertrauensbruch der Extraklasse begangen", kritisierte Wilhelm Waldner (FCG) am Freitag in einer Aussendung. Lenke die Regierung nicht ein, würden auch Betriebsversammlungen Thema, erklärte er.
Die Regierungsparteien haben die Neuregelung am Mittwoch im Nationalrat beschlossen, um Mehrkosten zu verhindern, die durch Gerichtsurteile entstanden wären. "Da hat der Dienstgeber in einer Nacht- und Nebelaktion eine 'Husch-Pfusch-Reform' im Parlament durchgedrückt", meinte Waldner. Man sei "betroffen und entsetzt über die unprofessionelle Vorgangsweise". Konkret stört die Bundesheer-Gewerkschafter, dass es vorher keine Diskussion mit den Betroffenen gegeben habe, auch befürchtet man Gehaltskürzungen. "Das lassen wir uns sicher nicht gefallen." Man protestiere entschieden gegen einen "derartigen Dilettantismus und den mitarbeiterverachtenden Umgang".
Waldner sieht Fischer am Zug
Waldner erwartet nun, dass Bundespräsident Heinz Fischer das "verfassungswidrige Zustandekommen" des Gesetzes stoppt, "indem er das Gesetz einfach nicht gegenzeichnet". Andernfalls erwarte man eine große Zahl an Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof.
Auch die Finanzgewerkschaft zeigte sich in einer Aussendung empört über die "überfallsartig" erfolgte Neuregelung der Gehälter. "Die Vorgangsweise der Bundesregierung ist ungeheuerlich, sie hat dieses Gesetz offenbar bewusst ohne parlamentarisches Begutachtungsverfahren und ohne Absicht einer Sozialpartnereinigung durchgepeitscht", beklagte der Vorsitzende der Finanzgewerkschaft, Herbert Bayer (FCG). "Zur Durchsetzung unserer Forderungen sind wir zu allen notwendigen gewerkschaftlichen Maßnahmen bereit und dafür gerüstet." Bayers Stellvertreterin Hermine Müller (FSG) verlangte die sofortige Aufnahme von Verhandlungen.
Öffentlichkeitswirksam protestiert haben bisher vor allem die Richter, so sind am Donnerstag viele Gerichtsverhandlungen ausgefallen. Am kommenden Montag sind Gespräche mit Beamtenstaatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) angesetzt, am gleichen Tag und am 4. Februar halten die Richter neuerlich Betriebsversammlungen ab.
Beamtengehälter
Der Europäische Gerichtshof hat die bisherige Form der Anrechnung von Vordienstzeiten nach der Klage eines Polizeibeamten als nicht EU-konform aufgehoben. Daraufhin wies Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) kurzfristig eine Lösung - ohne vorherige Einigung mit der Beamtengewerkschaft unter dem Vorsitz von Fritz Neugebauer (ÖVP) - dem Parlament zu. Diese wurde ohne gesetzliche Begutachtung am Montag von der Koalition im Verfassungsausschuss des Nationalrats beschlossen und stand am Mittwoch im Plenum auf der Tagesordnung.
In der Neuregelung wird, um die Kosten durch die geänderte Anrechnung von Vordienstzeiten auszugleichen, das System der Vorrückungen beim Gehalt für alle Beamten und Vertragsbediensteten geändert.
(APA)