Häusergeschichten: Kulissen für cineastische Auftritte

Der Österreichische Filmpreis wandert – nicht nur durch das heimische Kinoschaffen, sondern auch von Raum zu Raum. Manchmal in bühnenreifem Ambiente.

Eine schmale, gewundene Treppe führt nach oben – aber auch nach unten, bis zum Betonsockel. Beide Interpretationen lässt die von Valie Export entworfene Preisskulptur des Österreichischen Filmpreises zu. Gegossen wird die Skulptur in Innsbruck, erklärt Marlene Ropac, Geschäftsführerin der Akademie des Österreichischen Films, durch die der Preis am kommenden Mittwoch bei der Filmgala verliehen wird. Die Endfertigung der Spiralstufenstatuen erfolgt jedoch in der Werkstatt des Künstlers Dominik Guggenberger in der Wiener Zacherlfabrik. Das 1888 als Produktionsstätte für Insektenpulver errichtete, orientalisch anmutende Gebäude musste nach Schließung der Fabrik zwischenzeitlich das Textillager mimen, bis es 2006 zur Oase für Kunstschaffende wurde.

„Nichtshow“ im Odeon-Theater

Im Jahr eins der Filmauszeichnung, 2011, war aber weder für eine Trophäe ein Budget vorhanden noch für ein nennenswertes Büro. Die Planung erfolgte also noch nicht in den stilvollen Souterrain-Räumlichkeiten in der Stiftgasse im siebten Bezirk, sondern in einem bis dahin ungenützten Zehn-Quadratmeter-Kämmerchen im Österreichischen Filminstitut vis-à-vis. Durch Vermittlung von Akademie-Vorstandsmitglied Karl Markovics, erzählt Ropac, habe man schließlich den Veranstaltungsort gefunden, das Odeon-Theater in der Taborstraße. Seit das Serapions-Ensemble die historischen Gemäuer der einstigen Börse für landwirtschaftliche Produkte 1988 als Wirkungsstätte auserkor, ist das Theater auch Spielstätte für Gastveranstaltungen. „Wir hatten kein Geld, also haben wir gesagt: Wir machen nicht die große Oper, wir machen die kleine Lesung.“ Eine ausnehmend gut besuchte Lesung, das für rund 300 Personen ausgelegte Odeon war überbucht. In der historischen Kulisse wurde bei Knackwürsteln und Bier gefeiert, die Anekdote vom im Kleidermassiv verschollenen Wintermantel erzählt man sich heute noch. Auf traditionelle Galaelemente wie Laudatoren, Danksagungen oder Filmeinspieler wurde verzichtet. Dieses Konzept, eine „Nichtshow zu inszenieren“, ist erhalten geblieben.

Das angemessenste Ambiente dafür ist sicher ein Filmstudio. So dachte offenbar auch die Akademie und veranstaltete die Preisverleihung im Folgejahr in der legendären Filmstadt Wiens, den Rosenhügelstudios, die damals noch in Benutzung waren. 2014 verlängerte der ORF den Vertrag mit den Studios nicht mehr, auf dem rund 32.000 Quadratmeter großen Areal sollen Wohnungen entstehen. Zwar bleiben die große Halle 1 und die sogenannte Synchronhalle, in der Filmmusik eingespielt wird, erhalten, ihre goldenen Kinojahre haben die Rosenhügelstudios jedoch hinter sich. Marlene Ropac bedauert wie viele in der Branche, „dass diese Infrastrukturen wegbrechen. Das unterhöhlt die gesamte Filmszene.“ Bei der Filmgala vor drei Jahren war der Verkauf noch ein Gerücht, die Stimmung in den filmgeschichtsträchtigen Räumlichkeiten blendend, nicht zuletzt eine Folge der Lichtgestaltung von Katharina Wöppermann und Martin Gschlacht. „Das hat wirklich coolen Industriecharme gehabt.“ Nicht minder charmant, aber doch auf andere Weise, gestalteten sich die Festivitäten 2013 im Wiener Rathaus, wo sie auch nächste Woche stattfinden werden. Obwohl man die Einladung von Bürgermeister Michael Häupl hocherfreut angenommen habe, sei es doch eine Herausforderung gewesen, einen Saal dieser Dimension so zu adaptieren, dass 1300 Gäste dem Geschehen auf der Bühne folgen können. „Das ist eben ein Ballsaal, kein Theaterraum.“

Ausflug nach Niederösterreich

2014 wollte auch Niederösterreich nicht mehr zurückstehen und lud die ganze Partie in das 2008 erbaute Auditorium Grafenegg auf dem Areal von Schloss Grafenegg ein. „Das ist wieder eine ganz andere Pracht: Ein wunderschöner Park, Feuerstellen, dann geht man in ein sehr schönes Foyer und einen modernen Konzertsaal mit hervorragender Akustik“, sagt die Akademie-Geschäftsführerin. 2016 soll die Gala in gewohnter Manier nach Grafenegg zurückkehren: feierlich, aber unprätentiös, ohne Aufputz, denn wie für den österreichischen Film ginge es darum, eine eigene Identität zu bilden, sagt Ropac.

INFO

Die fünfte Verleihung des Österreichischen Filmpreises findet am 28. Jänner im Wiener Rathaus statt. Gala-Locations waren in den Vorjahren das Odeon-Theater (2011), die Rosenhügelstudios (2012), das Wiener Rathaus (2013) und das Auditorium Grafenegg in Niederösterreich (2014). Maßgeblich verantwortlich für die Wahl des Ambientes ist Marlene Ropac, Geschäftsführerin der Akademie des Österreichischen Films.

www.oesterreichische-filmakademie.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2015)

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