Nicht nur Richter und Staatsanwälte sind aufgebracht über das neue Gehaltsgesetz. Beamtengewerkschafter werden am 28. Jänner zusammengetrommelt.
Wien. Wenn es um das Gehalt und künftige Einbußen gegenüber dem bisherigen Bezügesystem geht, ist mit den Vertretern von Beamten und Vertragsbediensteten nicht gut Kirschen essen. Das hat die Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Sonja Steßl (SPÖ) schon in der vergangenen Woche zu spüren bekommen. Es wird für sie nicht ruhiger werden.
Mit dem Nationalratsbeschluss am Mittwoch wurden die Vorrückungen im Besoldungsschema für Beamte und Vertragsbedienstete geändert. Die aufgebrachten Gemüter im gesamten Bundesdienst sind damit trotz Korrekturen knapp vor der Abstimmung nicht besänftigt. Die Proteste der Richter und Staatsanwälte standen zwar zuletzt im Vordergrund. Aber es rumort in weiten Teilen des öffentlichen Dienstes. Die Beamtengewerkschaft mit ihrem Vorsitzenden Fritz Neugebauer (ÖVP) macht bereits für eine weitere Änderung des Gehaltsgesetzes vor dem heurigen Sommer mobil.
Aussprache über Probleme
Für kommenden Mittwoch, 28. Jänner, ruft sie rund 100 Funktionäre aus allen Bereichen des Bundesdienstes zu einer informellen Sitzung in Wien zusammen. Dabei erfolgt einerseits eine ausführliche Information über die Neuregelung der Gehälter. Diese ist notwendig geworden, nachdem der Europäische Gerichtshof das bisherige Modell der Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr aufgehoben hat. Dem wird mit einem Besoldungssystem begegnet, das statt acht nun neun Vorrückungen vorsieht. Weil die erste ab 1. Juli 2015 zum Tragen kommt, besteht davor Gelegenheit, das Gesetz noch nachzujustieren.
Das Gewerkschaftstreffen hat einen doppelten Zweck. Einerseits werden die mit Gehaltsfragen befassten Beamtenfunktionäre über die Details der im Eilverfahren erfolgten Gesetzesreparatur informiert. Andererseits sammelt die Gewerkschaftsführung Material über Unzulänglichkeiten und Probleme, mit denen dann Staatssekretärin Steßl konfrontiert wird. Die SPÖ-Politikerin hat schon zugesagt, ihre Tür stehe für weitere Gespräche offen.
„Steigen auf die Barrikaden“
Der Unmut ist bei Richtern und Staatsanwälten besonders groß, weil diese bei Vorrückungen stärker betroffen sind. Aber der Unmut über drohende Gehaltseinbußen reicht von den Heeresbediensteten („Wir steigen auf die Barrikaden“) über die Finanzbeamten bis hin zur Wirtschaftsverwaltung. Deren Gewerkschaftschef Robert Neunteufel erwartet sich, wie er der „Presse“ erläuterte, eine neuerliche Gesetzesreparatur binnen drei Wochen. Vorerst werde aber die Sitzung am 28. Jänner abgewartet.
Richter und Staatsanwälte werden sich, wie berichtet, nicht so lang gedulden. Übermorgen, Montag, gibt es eine Aussprache mit Staatssekretärin Steßl. Für den 4. Februar wurden bereits weitere Protestmaßnahmen angekündigt.
Für Verwirrung sorgt die Frage der Verluste. Steßl verweist darauf, keiner werde weniger als bisher verdienen, somit erleide niemand Verluste. Die Gewerkschaft rechnet hingegen so: Verluste gegenüber bisher entstünden, weil die Bezüge nach dem neuen Modell weniger stark steigen, als dies ohne Neuregelung der Fall wäre. (ett)
AUF EINEN BLICK
Beamtengehaltsgesetz. Im Nationalrat wurden am Mittwoch die Gehälter für Beamte und Vertragsbedienstete – mit einem neuen Modell der Vorrückungen – geändert. Das Gesetz war im Herbst 2014 vom Europäischen Gerichtshof nach der Klage eines Polizeibeamten gekippt worden. Nach dem Aufschrei der Beamtengewerkschaft hat die Koalition per Abänderungsantrag neue Gespräche über die Gehälter und Verhandlungen über eine grundlegende Reform, die Ende 2016 fertig sein soll, zugesichert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2015)