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EAV: "Gabalier ist eine heilige Kuh"

(c) Karl Schrotter/Sony Music
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Die Satireband EAV meldet sich nach fünf Jahren zurück. "Die Presse" sprach mit Sänger Klaus Eberhartinger über "Charlie Hebdo", den Song Contest und die Bundeshymne.

Die Presse: Im Lied „Lederhosenzombies“ befassen Sie sich satirisch mit dem Trachtenboom. Die Zeitung „Österreich“ schrieb von einem „Austropop-Krieg“ zwischen der EAV und Andreas Gabalier.

Klaus Eberhartinger: Ja, lächerlich.

Was haben Sie sich gedacht? Haben Sie in den Foren die Kommentare gelesen?

Die Geschichte hat uns überrascht. Wir dachten uns: „Wie kommen die dazu?“ Gabalier kommt nicht einmal in dem Lied vor, nur in einem indirekten Zitat. „Österreich“ hat erkannt, dass man emotionalisieren kann. Die Zeitung hat mich instrumentalisiert. Das hat mich geärgert. Gabalier ist in Österreich zu einem Nationalheiligtum für gewisse Kreise geworden, zu einer heiligen Kuh noch dazu. Bei den Kommentaren sind Volksmusik-Jihadisten zu Wort gekommen. Die wirklich bösen Kommentare kommen aber aus dem rechten Eck, wo ich „linkslink“ und „Rotfunk“ bin, mich „mit Conchita Wurst über die Häuser hauen“ soll. Das ist dumm.

Haben Sie mit Gabalier gesprochen?

Er hat mir ein SMS geschickt: „Alles ist gut.“

Was halten Sie jetzt vom Trachtentrend?

In Zeiten der schwarz-blauen Regierung gab es bei den Andersmeinenden eine gewisse Scheu, eine Tracht zu tragen, weil dies damals vereinnahmt wurde. Ich wünsche mir, dass man Tracht tragen kann, ohne eingeordnet zu werden. Der Trachtenboom stört mich gar nicht, sondern das, was auf den Festen passiert, das Komasaufen. Der alpenländische Ballermann. Getragen wird ja keine Tracht, sondern ein Faschingskostüm.

Befürchten Sie einen Popularitätsverlust durch solche Aussagen?

Das ist dann eben so. Wenn ich nicht verstanden werde, muss ich verständlicher werden. Wenn mir nicht zugehört wird, dann verliere ich eben die Dummen als Fans. Ich sage jetzt nichts gegen Neonazis, sie sind auch empfindlich. Sie haben uns auch schon mit Bomben- und Morddrohungen belastet.

„Werwolfattacke (Monsterball ist überall)“ ist die erste LP nach fünf Jahren.

Wir waren lang auf Tour. Dann hat sich Thomas Spitzer verabschiedet. Er wollte seiner Tätigkeit als bildender Künstler nachgehen. 2014 haben wir wieder Lust bekommen.

Der Titel klingt nach Horror.

Er beschreibt die globale Situation, in der sich viele Sachen zuspitzen. In Russland haben wir einen Zaren. Wir haben Religionskriege wie schon seit Jahrhunderten nicht mehr. Nur diesmal kommen die Kreuzritter von der anderen Seite und heißen Jihadisten. Dann gibt es noch rechte Bewegungen wie Pegida. Und den Anschlag auf „Charlie Hebdo“. Die Radikalisierung ist in unseren friedlichen Alltag eingebrochen. Die Gesellschaft hat es über Jahre versäumt, Integration zu betreiben. Es gibt viele, die Halt suchen, und diesen offenbar im Islam finden, der eigentlich eine sehr friedliche Religion ist. Aber Religion ist nun einmal Opium für das Volk. Das hat der alte Marx schon richtig gesagt.

Sehen Sie Versäumnisse in der Politik?

Ja. Man hat lang nicht auf Integration geachtet. So gibt es ein, zwei Generationen, die zwischen zwei Welten leben. Noch dazu kommen sie meistens aus der Landbevölkerung. Man stelle sich vor, dass bei uns die gesamte Landbevölkerung auswandert, und dann heißt es: „Das sind die Österreicher.“

Wie gefallen Ihnen die Zeichnungen von „Charlie Hebdo“?

Ich finde sie ganz schlecht. Aber es darf keine Zensur geben.

Auf dem neuen EAV-Album findet sich ein Intermezzo mit dem Titel „Scharia-Ho“, eine Adaption des Volksliedes „Lustig ist das Zigeunerleben“. Haben Sie Angst, deswegen auch bedroht zu werden?

Da kann man nicht in die Knie gehen. Ich kann mein Leben nicht danach ausrichten, dass ich die Aufmerksamkeit der Jihadisten nicht auf mich lenken möchte. Ein gewisses Restrisiko bleibt.

Im Mai findet der Song Contest in Wien statt. Wieso moderieren Sie nicht?

Ich war nie im Gespräch. Das sollen die jungen Moderatoren machen. Vielsprachig wäre ich zwar, aber wohl zu alt.

Conchita Wurst hat den Song Contest nach Österreich geholt...

Wenn es heißt, ich soll mich „mit Conchita Wurst über die Häuser hauen“, dann sage ich: Sie kann man herzeigen. Es gibt kein einziges peinliches Interview von ihr. Es wird gern von Toleranz gesprochen. Toleranz heißt eigentlich ertragen, dulden. Conchita geht da einen Schritt weiter. Sie will Respekt.

Die EAV ist bislang nicht mit feministischen Texten aufgefallen. Singen Sie die Bundeshymne in der alten oder in der gegenderten Version?

Ich liebe Österreich, aber ich finde die Bundeshymne nicht schön. Es gibt einen Grund, wieso die Menschen begeistert die heimliche Hymne vom Fendrich, „I am from Austria“, singen. So kitschig sie auch ist. Ich bin kein Freund von Umtextungen alten Liedguts. Aber eine Hymne steht für ein Land. Ich habe großes Verständnis dafür, dass Frauen, die sich über Jahrzehnte ihre Rechte mühsam erkämpfen mussten und noch keine Gleichstellung haben, sagen: „Es kann nicht sein, dass nur von Söhnen gesungen wird.“ Ich würde sie in der neuen Form singen.

Im Frühjahr folgt eine Tournee. Eine Best-of-Show mit Liedern wie „Märchenprinz“?

Gar nicht. Mindestens 60 Prozent neue Nummern. Alte Hits werden eingestreut, dass die Menschen wissen: „Ah ja, das sind die.“

In drei Jahren hat die EAV ihr 40-Jahres-Bühnenjubiläum.

Wahnsinn. Das werden wir feiern. Wir werden versuchen, noch eine Platte zu machen. Dann kommt die Abschiedstournee. 1000 Jahre EAV. Die erste letzte. Wie oft haben sich die Rolling Stones schon verabschiedet?

ZUR BAND

EAV. Die Erste Allgemeine Verunsicherung wurde Ende der Siebzigerjahre u.a. von Thomas Spitzer gegründet. Klaus Eberhartinger stieß 1981 dazu. Große kommerzielle Erfolge hatte die Satireband in den Achtzigern und Neunzigern mit Liedern wie „Märchenprinz“. Das 15.Album „Werwolfattacke“ erscheint am 30.Jänner. Am 6.Februar beginnt eine Tour durch Österreich, Deutschland und die Schweiz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2015)

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