"Akte Zilk": Tschechien sieht kein Problem mit Österreich

SPIONAGEVORWUERFE GEGEN HELMUT ZILK / STAPO-AKTEN
SPIONAGEVORWUERFE GEGEN HELMUT ZILK / STAPO-AKTEN(c) APA (Helmut Fohringer)
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Für Vize-Außenminister Pojar ist die nun hochgekochte Affäre um angebliche Spitzeltätigkeiten von Helmut Zilk für die CSSR "ein Fall für Historiker".

Die wieder virulent gewordenen Spionagevorwürfe gegen Wiens verstorbenen Altbürgermeister Helmut Zilk stellen für Tschechien kein bilaterales Problem mit Österreich dar. Das betonte der stellvertretende Außenminister, Tomas Pojar, am Donnerstag in Prag. Die Angelegenheit sei für die Regierung kein Thema, zumal ohnehin nur weitere "Nuancen" bekannt geworden seien. Es handle sich lediglich um einen Fall für Historiker, so Pojar.

Gerade die Regierung von Premier Mirek Topolanek, der am Dienstag in der Abgeordnetenkammer des Prager Parlaments das Misstrauen ausgesprochen worden war, habe viel für die "Öffnung der Archive" zur Erforschung der Geschichte der damaligen Tschechoslowakei getan, betonte der Politiker der bisher federführend regierenden konservativen Bürgerpartei (ODS).

Das Topolanek-Kabinett sei aber immer für "mehr Offenheit" eingetreten, um herauszufinden, wie das kommunistische System in der damaligen Tschechoslowakei funktioniert habe. Auch das "Institut für Studien totalitärer Regime" im Prager Stadtteil Zizkov, wo sich die "Akte Zilk" befindet, wurde während der Regierungszeit von Topolanek im Februar des Vorjahres eröffnet.

"Ich kann garantieren, dass es keinerlei Probleme für die bilateralen Beziehungen gibt", hielt Pojar fest. Diese seien auf verschiedenen Ebenen prinzipiell doch sehr gut. Meinungsverschiedenheiten würde es unter Nachbarn immer geben, so der Stellvertreter von Außenminister Karel Schwarzenberg. Doch würden umstrittene Fragen wie das AKW Temelin oder "unterschiedliche Ansichten zur Geschichte", wie Pojar offenbar in Anspielung auf die "Benes-Dekrete" formulierte, mitunter zu sehr herausgestrichen. "Wir sollten diese Themen aber nicht dämonisieren."

Natürlich könnten die Beziehungen trotzdem noch verbessert werden. So seien die Verkehrsverbindungen zwischen den beiden Ländern, zum Beispiel Autobahnen, durchaus ausbaufähig. Bezüglich des von Österreich forcierten "Osthilfepakets" machte Pojar neuerlich die Haltung Prags deutlich, wonach "verschiedene Länder verschiedene Lösungen" brauchen würden. Tschechien dürfe etwa nicht in einen Topf mit Ungarn oder der Ukraine geworfen werden. Das Land habe durch die Finanzkrise wahrscheinlich geringere Probleme als das eine oder andere "alte EU-Mitglied".

Als einen Schwerpunkt der weiteren EU-Präsidentschaft Tschechiens bis Ende Juni strich Pojar die Erweiterungsfrage heraus. "Wir müssen an diesem Prozess festhalten, weil er Stabilität verlangt." Eine Abkehr würde in manchen betroffenen Ländern wohl politisch wie wirtschaftlich zu Situationen führen, die in Folge die EU noch mehr belasten könnte. Daher müsse auch Staaten, die auf absehbare Zeit keine Perspektive auf eine Mitgliedschaft hätten, eine weitergehende Zusammenarbeit angeboten werden.

(APA)

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