Eine Genderforscherin für die WU

NEUE REKTORIN DER WU-WIEN: EDELTRAUD HANAPPI-EGGER
NEUE REKTORIN DER WU-WIEN: EDELTRAUD HANAPPI-EGGER(c) APA/GLORIA WARMUTH (GLORIA WARMUTH)
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Die designierte WU-Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger begegnet Anfeindungen nüchtern. Sie will über einen Status für Teilzeitstudierende diskutieren.

Es ist nicht einmal wirklich überraschend, dass nicht nur anonyme Kommentare im Internet, sondern sogar offizielle Gratulationen mit Seitenhieben versetzt sind (namentlich jene der FPÖ): Dass die designierte Rektorin der Wirtschaftsuni nicht nur eine Frau, sondern auch noch Genderforscherin ist, missfällt manchen. Umso nüchterner begegnet Edeltraud Hanappi-Egger dem Thema selbst: „Das ist eine emotional geführte Thematik, was ich als Fachfrau nicht so ganz nachvollziehen kann“, sagt sie. „Chancengleichheit von gut ausgebildeten Männern und Frauen ist eine Sache von Logik und nicht von Ideologie. Alles andere ist schlichtweg eine Verschwendung von Ressourcen.“

Auch das überrascht übrigens nicht sehr. Problembewusst, pragmatisch, nüchtern: Diese Beschreibungen häufen sich, wenn man sich in der Uni-Szene über die 51-Jährige umhört, die die WU im Oktober vom langjährigen Rektor Christoph Badelt übernimmt. Das zeigte sich auch jüngst in einer Diskussion vor Studierenden. Dass diese den unter Badelt gängigen Satz, man müsse an der WU notgedrungen „rausprüfen“, nicht mehr hören würden, wollte sie da nicht versprechen. Wie auch – dafür kennt sie die WU und ihre Probleme zu gut.

Informatik statt Wirtschaft

Seit zwölf Jahren ist die gebürtige Eisenstädterin – sie ist verheiratet mit Hardy Hanappi, TU-Professor und Sohn der Fußball-Legende – an der WU tätig, sie hat dort das Institut für Gender & Diversity in Organizations aufgebaut, war drei Jahre lang Senatschefin. Zwei Jahre lang leitete sie zuletzt auch das Department für Management. Eigentlich kommt sie von der TU Wien, wo sie Informatik studiert hat. Forschung zum Zusammenspiel von Technik und Organisationsstrukturen brachte sie rasch zum Thema Geschlechterphänomene.

Dass eine WU-Rektorin kein Wirtschaftsstudium absolviert hat: Geht das denn? „Im Zuge meines Berufungsverfahrens wurde überprüft, dass ich eine Wirtschaftsprofessur gut ausfüllen kann – gerade mit meinem Hintergrund im Bereich Informatik und Organisationen“, sagt Hanappi-Egger. Die Entscheidung des Uni-Rats gegen die beiden externen Kandidaten (siehe Factbox) und für Hanappi-Egger zeugt auf jeden Fall vom Wunsch nach einer gewissen Kontinuität. „Sie hat sich durch ihr bisheriges Engagement an der WU breite Zustimmung erarbeitet“, so Uni-Rats-Chefin Brigitte Jilka. „Ich halte das für eine sehr tragfähige Basis.“

Dass die neue Rektorin alles über den Haufen wirft, ist tatsächlich nicht zu erwarten. „Es muss nichts anders werden, bloß damit es anders wird“, sagt sie selbst. „Es wird sich dort etwas ändern, wo ich Bedarf sehe.“ Unter bei den dringlichsten Herausforderungen ganz vorne: Lehre und Studierende. Es gelte, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es erlauben, ohne Verzögerungen zu studieren. Zum Uni-Zugang äußert sie sich vorsichtig: „Qualifizierte Studierende aus Kapazitätsgründen abweisen zu müssen, kann nicht im Interesse einer Uni sein.“ Aber: Manche Konstellationen seien besonders ungünstig (siehe Artikel rechts).

Generell will sie „die Studierenden und ihre Entwicklung stärker in den Blick nehmen.“ Symbolisch tut sie das, indem sie dem bisherigen Vizerektorat für Lehre den Zusatz „und Studierende“ verpasst. Konkret soll das etwa bedeuten, die Studierenden durchs Studium hindurch mehr zu begleiten. Mehr Beratung anzubieten, um herauszufinden, wo es im Einzelfall hakt. Ihnen auch zu zeigen, dass sie an der Uni willkommen sind.

Überhaupt kann man sich wohl erwarten, dass die Wirtschaftsuni vielfältiger wird. „Man kann davon ausgehen, dass ich entsprechende Kompetenzen im Bezug auf Diversitätsmanagement mitbringe“, sagt Hanappi-Egger. Dabei geht es um mehr als um das Frauenthema: um unterschiedliche Lebensrealitäten. „Es wäre klug, zum Beispiel darüber nachzudenken, ob ein Status für Teilzeitstudierende etwas bringt.“ Um Frauen geht es natürlich auch: „Ich gehe davon aus, dass ich ein Rollenvorbild für junge Frauen sein und sie zu einer wissenschaftlichen Karriere ermutigen kann“, sagt Hanappi-Egger. „Diese Rolle werde ich auch bewusst wahrnehmen.“

Für Chancengerechtigkeit

Was die politische Ausrichtung angeht, wird ihr nachgesagt, eher nach links zu tendieren – oder gar der SPÖ nahezustehen. Letzteres weist sie dezidiert zurück: „Ich bin eine unabhängige Wissenschaftlerin. Ich stehe aber natürlich schon aus fachlichen Gründen der Idee nahe, dass es Chancengerechtigkeit geben muss, unabhängig vom Hintergrund oder vom Geschlecht. Und ich habe mich in meiner Tätigkeit damit beschäftigt, welche Folgen Benachteiligungen aufgrund von Stereotypen haben. Wenn das schon links ist...“

Fehlenden Ehrgeiz kann man ihr nicht attestieren. „2019 wird die WU ...mich als Rektorin wiederhaben wollen“, antwortete sie in einem ÖH-Wordrap vor der Wahl. Auch, wenn das ernster klang, als beabsichtigt: Ursprünglich sei da noch ein Zwinkersmiley gewesen.

ZUR PERSON

Edeltraud Hanappi-Egger (51) wurde am Montag zur Rektorin der WU gewählt. Sie leitet das WU-Institut für Gender & Diversity in Organisations. Ebenfalls im Dreiervorschlag waren Ada Pellert, frühere Vizerektorin in Graz und Krems und Chefin der Uni für Weiterbildung in Berlin, und der deutsche Unternehmer und Uni-Professor Bernd J. Höfer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2015)

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