Deutsch: Akademikerball in der Hofburg "eine Schande"

MAKKABISPIELE-ORGANISATOR DEUTSCH IM APA-INTERVIEW
MAKKABISPIELE-ORGANISATOR DEUTSCH IM APA-INTERVIEW(c) APA (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken

Der IKG-Präsident kritisierte in der ORF-"Pressestunde" auch die Islamische Glaubensgemeinschaft, weil sie zu wenig gegen Antisemitismus tue.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, hat es am Sonntag als "eine Schande" bezeichnet, dass der von der FPÖ veranstaltete Akademikerball in der Hofburg stattgefunden hat. Der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) warf Deutsch in der ORF-"Pressestunde" vor, zu wenig dagegen zu tun, dass in Moscheen und islamischen Schulen gegen Juden gepredigt werde.

Deutsch findet es "unglaublich", dass der Akademikerball in der Hofburg, einer "Visitenkarte" Österreichs, stattgefunden hat. "Der Ball hat dort nichts zu suchen." Die Burschenschafter, die dort feiern, hätten sich von Antisemitismus nicht abgegrenzt, meinte der IKG-Präsident. An den Demonstrationen dagegen hat Deutsch selbst nicht teilgenommen, er findet sie aber richtig. Dass eine kleine Minderheit gewalttätig vorgegangen sei, schade der Sache.

"Keine Gesprächsbasis" mit der FPÖ

Die IKG habe Kontakt zu allen politischen Parteien, mit der FPÖ gebe es aber "keine Gesprächsbasis", betonte Deutsch. Er kritisierte, dass Repräsentanten der FPÖ dem Deutschnationalen nicht abgesagt hätten und es immer wieder "Hetze" gebe. Als Beispiel nannte er den Wahlslogan "Daham statt Islam" oder die Karikatur mit einem reichen Juden.

Kritik an Islamischer Glaubensgemeinschaft

Kritik übte der IKG-Präsident an der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Er habe den Eindruck, dass die IGGiÖ zu wenig dagegen tue, wenn in Moscheen oder islamischen Schulen gegen Juden gepredigt werde. Ein Brief von ihm an IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac sei unbeantwortet geblieben. Er wolle nicht eine ganze Religion in Geiselhaft nehmen, aber von einigen aus dem Islam komme "Hetze". Die IGGiÖ sei gefragt, dagegen anzukämpfen, sagte Deutsch.

Im Interview mit der "Presse am Sonntag" forderte er, "Vergehen nach dem Hetzparagrafen sollten stärker geahndet werden. Es dürfte in Österreich keine Moschee geben, in der gehetzt wird, auch sollten muslimische Schulbücher auf antisemitische Inhalte kontrolliert werden."

Die Juden in Österreich hätten zwar keinen Grund für Angst, "aber wir sind in Sorge". Es sei nicht die Frage, ob, sondern wann und wo in Europa der nächste Anschlag stattfinde, sagte Deutsch in der "Pressestunde". Möglich sei das auch in Österreich. In Österreich werde aber alles für die Sicherheit getan, die jüdischen Institutionen seien gut geschützt. Dass zuletzt viele Menschen aus Frankreich ausgewandert sind, versteht Deutsch. In Österreich sehe er dafür jedoch keinen Grund. Grundsätzlich sei die Frage der Auswanderung aber die persönliche Entscheidung jedes Einzelnen.

Wünscht sich Zuwanderung von Juden

Um den Bestand der jüdischen Gemeinde in Österreich auch in 20 oder 30 Jahren noch garantieren zu können, wünscht sich der IKG-Präsident eine Zuwanderung von 10.000 bis 15.000 Juden. Vor allem mit der Rot-Weiß-Rot-Karte sollte das seiner Ansicht nach möglich sein. Deutsch lobte ausdrücklich die gute Infrastruktur und bezeichnete das jüdische Leben in Österreich als "lebenswert". Gleichzeitig verwies er aber darauf, dass neben dem traditionellen Antisemitismus von linker und von rechter Seite in den letzten Jahren eine dritte Art dazugekommen sei, nämlich der islamistische Antisemitismus, der auch in Österreich stark angestiegen sei.

Deutsch wünscht sich Maßnahmen der EU und der einzelnen Mitgliedsstaaten gegen den steigenden Antisemitismus. Eine diesbezügliche Initiative Frankreichs begrüßt er ebenso wie den Plan Österreichs, jenen, die sich im Irak oder Syrien als Jihad-Kämpfer ausbilden lassen und dann zurückkehren wollen, den Reisepass und die Staatsbürgerschaft abzunehmen. Letzteres sollte in ganz Europa umgesetzt werden, diese Personen sollten dann nicht mehr in die EU einreisen dürfen.

Die Gedenkveranstaltung für die Opfer der Pariser Anschläge auf dem Wiener Ballhausplatz empfand Deutsch als "sehr würdig". Kritik übte er allerdings daran, dass von Regierungsseite zu den vier Opfern in einem koscheren Supermarkt gesagt wurde, diese seien zur falschen Zeit am falsch Ort gewesen. Nicht verstehen kann Deutsch auch die Aussage von Bundespräsident Heinz Fischer, dass die Steigerung der Zahl der antisemitischen Vorfälle um fast 100 Prozent im Vorjahr vor allem auf eine gewachsene Sensibilität zurückzuführen sei.

Keine klare Aussage zum Abdullah-Zentrum

Nicht äußern wollte sich Deutsch, ob das Abdullah-Zentrum für interreligiösen Dialog geschlossen werden sollte. Er verwies nur darauf, dass interreligiöser Dialog sehr wichtig sei, auf der anderen Seite sei auch die Einhaltung der Menschenrechte wichtig.

FPÖ wehrt sich gegen die Kritik

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hat die Kritik von Deutsch am Akademikerball in der Hofburg als "inakzeptabel und beschämend" zurückgewiesen. "Herr Deutsch ist nicht die Instanz, die darüber zu entscheiden hat, welche demokratische Partei in Österreich wann und wo einen Ball abhält", sagte Kickl. er FPÖ-Generalsekretär fordert den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde auf, seine Vorurteile in die "kritische Reflexion" zu nehmen und seine "angemaßte Rolle als Veranstaltungszensor intensiv zu hinterfragen". Vielleicht falle Deutsch ein Umdenken leichter, wenn er berücksichtige, dass er inhaltlich - etwa im Bereich des Umgangs mit IS-Rückkehrern aus Syrien oder in Fragen der Integrationsverweigerung - weitgehend die FPÖ-Linie vertrete, meinte Kickl.

>> Diskutieren Sie mit im Themenforum zum Akademikerball

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

WIENER AKADEMIKERBALL: PROTEST
Wien

Akademikerball: Von Clowns und leeren Ballsälen

Wenn angekündigter Krawall ausfällt: Die Proteste gegen den Akademikerball verliefen glimpflich. Polizei und Clowns hielten Krawallmacher in Schach.
Dei Eröffnung des Akademikerballs am Freitag.
Home

Auf dem Akademikerball: Mehr Proteste als Gäste

Reportage. Der Wiener Akademikerball hat auch heuer wieder für lautstarke Proteste gesorgt. Doch die verbliebenen Gäste, so scheint es, schweißt das nur noch mehr zusammen.
Wien

Bilanz nach Ball-Demos: 150 Anzeigen und 54 Festnahmen

2500 Polizisten waren rund um den Akademikerball im Einsatz. Die Polizei spricht von 5000 großteils friedlichen Demonstranten.
Wien

Akademikerball-Proteste: Bunt und fast friedlich

Die ganz große Eskalation der Proteste gegen den Akademikerball der Wiener FPÖ blieb aus. Die Polizei zeigte Präsenz wie selten zuvor.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.