Ukraine: Kämpfe statt Friedensgesprächen

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UKRAINE CRISIS(c) APA/EPA/ (ANASTASIA VLASOVA)
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Ukraine und die Separatisten werfen einander Sabotage der Gespräche vor. Die Verhandlungen in Minsk wurden nach vier Stunden beendet.

Die Hoffnungen auf einen Waffenstillstand in der Ostukraine haben sich am Wochenende abermals zerschlagen. Die Kämpfe zwischen ukrainischen Soldaten und prorussischen Separatisten gingen am Sonntag mit unverminderter Härte weiter. Das Treffen der Kontaktgruppe in der weißrussischen Hauptstadt Minsk wurde am Samstagabend nach nur vier Stunden abgebrochen.

Eine Einigung in dem seit neun Monaten währenden Konflikt ist nicht in Sicht. Die Verhandlungsführer der Ukraine und der prorussischen Separatisten warfen einander vor, die Friedensgespräche zu sabotieren. Bei den Kämpfen wurden am Wochenende im Donbass, dem Industriegebiet um die Städte Donezk und Luhansk (Lugansk), mehrere Dutzend Menschen getötet und verletzt. Unter den Toten waren nach Regierungsangaben mindestens sieben Zivilisten.

Der Kontaktgruppe gehören neben den Vertretern der ukrainischen Regierung und der Separatisten auch Gesandte Russlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an.

Kein Plan für eine Waffenruhe

Der Vertreter der Regierung in Kiew, der frühere ukrainische Präsident Leonid Kutschma, sagte der Nachrichtenagentur Interfax, die Repräsentanten der Separatisten hätten die Gespräche untergraben, indem sie Ultimaten gestellt hätten. Zudem hätten sie sich geweigert, einen Plan für eine rasche Waffenruhe und den Abzug schwerer Waffen zu diskutieren.

Ähnlich äußerten sich OSZE-Vertreter am Sonntag in Wien. Statt über eine Feuerpause zu sprechen, hätten die Aufständischen bei den Verhandlungen eine Revision bisheriger Vereinbarungen gefordert, teilte die OSZE mit. Die Separatisten in Donezk und Luhansk hätten zudem nicht jene Vertreter nach Minsk entsandt, die persönlich eingeladen worden seien. Demnach war der Beschluss eines detaillierten Plans unmöglich.

Denis Puschilin, der die Separatisten vertrat, sagte der russischen Nachrichtenagentur RIA, sie seien bereit zu einem Dialog. Er warf Kiew jedoch vor, auf der im September im Minsker Abkommen festgelegten Grenzziehung beharrt zu haben, obwohl die Rebellen seither an Terrain gewonnen hätten. Zuvor hatten die Separatisten mit einer neuen Offensive zur "vollständigen Befreiung der Regionen Donezk und Luhansk" gedroht. Teile der beiden Hochburgen sind nach wie vor unter der Kontrolle Kiews.

Moskau kommentierte die Verhandlungen in Minsk zurückhaltend. Es sei "zu früh, um das Ergebnis dieser Gespräche zu beurteilen", sagte Sprecher Dmitri Peskow Interfax.

Telefonkonferenz von Merkel, Hollande und Putin

Am Samstag hatte der russische Präsident Wladimir Putin mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Francois Hollande in einer Telefonkonferenz über die angespannte Lage in der Ostukraine beraten. Sie seien sich einig gewesen, dass es beim Treffen der Kontaktgruppe zumindest eine Einigung auf einen Waffenstillstand geben solle, hieß es am Samstagabend aus Berlin. Dies wäre der Ausgangspunkt für eine umfassendere Lösung des Problems.

Am Sonntagvormittag teilte das ukrainische Militär mit, allein in den vergangenen 24 Stunden seien bei Gefechten 13 Soldaten getötet worden. Weitere 20 Soldaten seien verletzt worden. "Die Kämpfe dauern an allen Frontabschnitten an." Besonders heftig seien sie in der Nähe der nordöstlich von Donezk gelegenen Stadt Debaltsewe. Dort habe die Armee aber weiter die Kontrolle über einen Verkehrsknotenpunkt, der die Separatistenhochburgen Donezk und Luhansk verbindet.

In Debaltsewe, wo es seit Tagen weder Strom- noch Wasserversorgung gibt, seien sieben Zivilisten bei den Gefechten vom Sonntag getötet worden, teilte das Innenministerium mit. Bereits am Samstag hatte Verteidigungsminister Stepan Poltorak erklärt, 15 Soldaten seien getötet und 30 verletzt worden.

Angesichts der zunehmenden Gewalt werden die Rufe nach einem Ende des Konflikts immer drängender. US-Außenminister John Kerry wird nach Angaben seines Ministeriums am kommenden Donnerstag nach Kiew reisen. Am Rande der am Freitag beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz will er demnach mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow beraten.

Waffenruhe vollständig zusammengebrochen

Die im September in Minsk vereinbarte Waffenruhe wurde wiederholt gebrochen und brach vergangene Woche mit dem Vormarsch der Rebellen komplett zusammen. Trotz des Minsker Abkommens haben die Separatisten rund 500 Quadratkilometer Fläche mehr unter ihre Kontrolle gebracht als vereinbart.

Seit der Konflikt im April nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland ausgebrochen ist, wurden mehr als 5.000 Menschen getötet. Die Ukraine und der Westen werfen Russland vor, die Separatisten militärisch zu unterstützen. Die Ukraine schätzt, dass den Rebellen rund 9.000 reguläre russische Soldaten zur Seite stehen.

Die EU kündigte eine Verlängerung und Ausweitung ihrer Sanktionen an, auch die USA haben Strafmaßnahmen gegen Russland verhängt. Die Regierung in Moskau weist die Vorwürfe zurück.

(APA/Reuters/dpa/AFP)

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