Ein Zusatzverdienst lockt so manchen jungen Familienvater.
Die Vorstellung, dass Helmut Zilk „alle paar Wochen 5000 Schilling von diesen Banditen“ aus Prag bekommen habe, sei für ihn „unerträglich“, hat Gerd Bacher im Fernsehen gemeint. „5000 Schilling! Dafür beiß ich mir nicht einmal die Nägel ab“, mokierte sich der ORF-Generalintendant a.D.
Aus heutiger Sicht gewiss Bagatellbeträge. In den Fünfziger- und Sechzigerjahren war das eine nicht gerade geringe Summe. Lassen wir Helmut Zilk selbst zu Wort kommen, wie er im Jahr 2003 seine damalige Situation als freier Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks (er war kein angestellter Redakteur) beschrieb.
Die erste Ehe war damals schon passé. 1948 hatte der 21-Jährige ein Mädchen geheiratet, das er in den letzten Kriegstagen im Luftschutzbunker Arenbergpark kennengelernt hatte. Unter dem Toben der auf Wien herunterprasselnden Bomben hatten sie einander die Ehe versprochen, sollten sie dieser Hölle entrinnen. 1952 ging die Ehe ohne Sentimentalität auseinander, die erste Frau Zilk zog nach Australien, rührte sich nie mehr wieder.
1955 begann er mit Schulfunksendungen im neuen Fernsehen. dann kamen die Jugenddiskussionen mit prominenten Politikern. Dann die berühmt gewordenen „Stadtgespräche“ – die erste TV-Talkshow im deutschen Sprachraum, „live“ aus dem Steyr-Daimler-Puch-Haus am Ring. Durch die riesigen Glasfenster konnte man zuschauen. Am 13. März 1963 begann das Abenteuer mit dem Titel „Was sagt uns der 13. März?“. Zilk war mehr Dompteur als Moderator. Tumulte im Saal, Schlagzeilen in den Zeitungen. Als man das heiße Thema der Rückkehr Ottos von Habsburg in die Heimat debattierte, begannen die Diskutanten zu raufen.
In den späten Fünfzigerjahren hat er seine zweite Ehefrau kennengelernt, auch eine Lehrerin. „Wir waren uns sympathisch, jetzt war ich schon dreißig. Ein Kind wäre schon ganz schön gewesen.“ 1958 kam Sohn Thomas zur Welt. Aber die beiden Eltern gingen in ihren Berufen auf. Zilk: „Es war recht bald eine Papierehe.“ Schon Mitte der Sechzigerjahre lebte Helmut Zilk wieder mehr bei der Mutter als bei der Frau. Und er ging gern aus. Und recht oft, wie er bekannte.
Eine Scheidung kam vorerst nicht in Frage, weil der Bub noch zu klein war. 1964 hat ihn seine zweite Frau dennoch kräftig unterstützt bei der Planung der „Stadtgespräche“. Sie war in einem Tschechisch sprechenden Haushalt aufgewachsen, die Großeltern waren Tschechen. Und so fuhr sie oft mit zu den zahlreichen Kontakten in Prag, wo der liberale Rundfunkdirektor Jírí Pelikan zu einem echten Freund wurde.
Die zwei „Stadtgespräche“ aus Prag wurden zur Weltsensation. Diese Direktübertragungen blieben auch die einzigen bis zur Wende 1989. Helmut Zilk, immer noch nur freier Mitarbeiter, war ein Fernsehstar geworden. Und offenbar auch für die Geheimdienste eine interessante „Zielperson“.
Aus: Hans Werner Scheidl
Zilk. Die Biografie
Wien: Holzhausen 2003, vergriffen
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2009)