Das Kern-Problem der österreichischen Sozialdemokratie

Es war ein Gerücht. Und nicht aus der Welt zu kriegen. Bezeichnend.

Als Alfred Gusenbauer Bundeskanzler war, hieß es nach geraumer Zeit, er werde alsbald von Werner Faymann abgelöst. Alle Seiten dementierten. Im Juni 2008 war es dann aber so weit. Nun heißt es, Werner Faymann werde alsbald von Christian Kern abgelöst. Alle Seiten dementieren.

Am Anfang war es nur ein Gerücht aus kleinem Kreis, das erstmals hier in der „Presse“ im Mai 2011 wiedergegeben wurde. Und es ist seither nicht wieder aus der Welt verschwunden. Ganz im Gegenteil. Und das ist dann schon auch bezeichnend. Denn je länger dieses Gerücht in der Welt ist, desto mehr Sozialdemokraten können sich vorstellen, dass Christian Kern tatsächlich der bessere Kanzler wäre als Werner Faymann.

Vor allem in den Ländern finden immer mehr Sozialdemokraten Gefallen an diesem Gedanken, allen voran der Faymann-kritische Franz Voves, der sich nun demonstrativ Seite an Seite mit Christian Kern auf der Grazer Opernredoute gezeigt hat.

Der Unterschied zu 2008 – abgesehen davon, dass Christian Kern anscheinend selbst (noch) nicht will: Machtpolitisch entscheidende Gruppen in der SPÖ, die Wiener Landespartei, die Gewerkschaft, der Pensionistenverband, stehen wie damals (noch) hinter Werner Faymann.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Und dann wäre aus dem Gerücht eine Self-Fulfilling Prophecy geworden.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2015)

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