Der verurteilte al-Qaida-Terrorist Moussaoui behauptet, Mitglieder der Königsfamilie hätten Terrornetzwerk finanziert. Riad dementiert.
Wien/Washington. Nach dem Tod von König Abdullah ist US-Präsident Barack Obama persönlich nach Saudiarabien gereist und hat dem neuen Herrscher Salman kondoliert. Ein Besuch, der nicht nur zur Routine zählte, sondern einen Neuanfang signalisieren sollte in den spannungsreichen Beziehungen der beiden Länder. Doch nur gut eine Woche nach dieser Reise bahnen sich neue Schwierigkeiten an. Anlass: eine Zeugenaussage des Terroristen Zacarias Moussaoui, der in den USA eine lebenslange Haftstrafe absitzt. Darin schildert er die Verbindungen von Mitgliedern der saudischen Herrscherfamilie zum Terrornetzwerk al-Qaida, darunter auch zum neuen König.
Die mehr als 100 Seiten umfassende Aussage, die von der „New York Times“ am Mittwoch veröffentlicht wurde, stammt vom Oktober 2014 und birgt politischen Sprengstoff, falls sie als glaubwürdig gewertet wird. Ende der 1990er-Jahre sei er von al-Qaida-Führern in Afghanistan damit beauftragt worden, eine digitale Datenbank der Geber einzurichten, gibt Moussaoui darin an. Auf der Liste: der damalige saudische Geheimdienstchef, Prinz Turki al-Faisal, der langjährige saudische Botschafter in Washington, Prinz Bandar bin Sultan sowie der steinreiche Investor Prinz al-Walid bin Talal.
Plan eines Anschlags auf Air Force One?
Von Osama bin Laden habe er Nachrichten an saudische Prinzen und Geistliche übermittelt. Im Zuge dieser Funktion will Moussaoui den damaligen Kronprinzen Salman getroffen haben. Und: Mit einem Mitarbeiter der saudischen Botschaft in Washington habe er in Kandahar über „die Machbarkeit, die Air Force One abzuschießen“, gesprochen. Er habe den geeigneten Ort für den Angriff mit einer Stinger-Rakete ausloten sollen, sei vorher aber festgenommen worden.
Die saudische Botschaft wies die Aussagen mit den Worten zurück, Moussaoui sei „ein geistesgestörter Krimineller“. Die Aussagen machte er in einem Verfahren, das Angehörige der Opfer der Anschläge vom 11. September gegen Saudiarabien anstrengen. Bis heute ist unklar, in welcher Form und in welchem Ausmaß Unterstützung von Saudiarabien an die al-Qaida geflossen ist.
Unter US-Präsident Barack Obama hatten sich die Beziehungen der beiden Länder verschlechtert – vor allem seit dem Arabischen Frühling 2011. Dass Obama die Umbrüche begrüßte und sich dem Sturz von Hosni Mubarak in Ägypten nicht entgegenstellte, nahm man ihm in Riad übel. Ungern sah das saudische Herrscherhaus auch den kompromissbereiten Kurs gegenüber dem Erzfeind Iran und die amerikanische Zurückhaltung gegenüber dem Regime in Syrien.
Das US-Magazin „Foreign Policy“ hat vor einer Woche unter Berufung auf ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter berichtet, der neue König Salman sei der führende Geldbeschaffer gewesen, um die Mujaheddin in Afghanistan in den 1980er-Jahren zu unterstützen, ebenso bosnische Muslime während der Balkan-Kriege. Gelder für Bosnien sollen, wie damals berichtet, auch über einen Verein in Wien geflossen sein. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2015)