Oberwart-Gedenken: "Gibt noch immer Ausgrenzung der Roma"

APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER
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Mehrere hundert Menschen, darunter Politiker und Angehörige, haben der vor 20 Jahren ermordeten Roma gedacht und fanden auch kritische Worte.

Mit einem Lichterzug und einer Gedenkfeier haben am Mittwochabend in Oberwart mehrere hundert Menschen, unter ihnen zahlreiche Vertreter von Politik und der Kirchen, der vier jungen Roma gedacht, die vor 20 Jahren bei einem Bombenanschlag ums Leben kamen. Neben dem Bekenntnis zu Menschenwürde und Demokratie fanden Politiker und Angehörige der Opfer dabei auch kritische Worte.

Schrittweise Verringerung der sozialen Gegensätze

Vor 20 Jahren seien vier junge Menschen aus dem selben Grund ermordet worden, aus dem schon ihre Vorfahren in den Konzentrationslagern vergast worden waren: "Weil sie Roma waren und weil ihre Mörder Roma hassten", sagte Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ). 20 Jahre später müsse man sich die Frage stellen, was sich seither an der Situation der Roma geändert habe. "Das Resümee ist zweigeteilt" - einerseits sei sicher eine schrittweise Verringerung der sozialen Gegensätze feststellbar.

Auf der anderen Seite sei die Beschäftigungssituation nach wie vor sehr ungünstig. Auch die gesellschaftliche breite Akzeptanz sei leider noch immer keine Selbstverständlichkeit: "Es gibt sie noch immer, die Ausgrenzung und Geringschätzung der Roma in unserem Land", erklärte Niessl.

Etwas "Gift und Vergiftung" ist geblieben

Bundespräsident Heinz Fischer verwies auf den historischen Zusammenhang, in den man die Ereignisse von 1995 einordnen müsse. Vor 80 Jahren hatten in Deutschland die Nationalsozialisten die Macht ergriffen. Viele intelligente Menschen - aber leider nur eine Minderheit habe gewusst: Hitler bedeute Krieg sowie die Verfolgung der Juden und anderer Volksgruppen und Gesinnungen.

Vor 70 Jahren hätten diese Ereignisse ein dramatisches Ende gefunden mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, der Diktatur und der Auflösung der Konzentrationslager. "Aber ein gewisses Ausmaß an Gift und Vergiftung ist geblieben." Immer noch habe es "Spurenelemente des Rassismus" und Zweifel an der Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung aller Menschen gegeben, so Fischer.

Er könne sich sehr gut an die Ereignisse vor 20 Jahren erinnern, als bei der Gedenkveranstaltung in der Kirche "ein geschocktes, ein betroffenes, ein verunsichertes Österreich zusammengefunden" habe im Bekenntnis gegen Terror und im Bekenntnis zu den Volksgruppen, zu Menschenwürde und Demokratie. "Diese Botschaft müssen wir unbeugsam und ohne Unterlass vertreten, weil darauf beruht vieles andere, was uns wert ist, was uns teuer ist, was unser Land lebenswert macht und was wir behalten müssen", sagte der Bundespräsident.

Vater von Opfer vermisst Bekenntnis zur Siedlung

Stefan Horvath, Vater des ermordeten Peter Sarközi, erinnerte an die 200-jährige Tradition der Roma-Siedlungen in Oberwart. Die Siedlungen seien immer außerhalb der Stadt gelegen: "Sie wurden nie akzeptiert und daher auch gemieden." Er habe bisher "ein klares Bekenntnis zu dieser Siedlung" vermisst - von den Verantwortlichen der Politik, aber auch von den Bewohnern. Er wünsche sich eine Zukunft, die mit Visionen ausgelegt sei. Eine solche Vision sei, die Roma-Siedlung ins Weltkulturerbe aufzunehmen und ein modernes Begegnungszentrum mit einem Museum zu errichten.

(APA)

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