Pet Nats: Prickelnde Außenseiter

(c) Christine Pichler
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Sie sind schwer zu kontrollieren und schmecken abseits von Uniformität: die Schaumweine Pétillants naturels – Pet Nats.

„Eine Nische innerhalb der Nische der Natural Wines“ nennt der Naturweinhändler Florian Ehn das System Pet Nat, kurz für Pétillant naturel – natürlich prickelnd. „Pet Nats sind die natürlichste Form der Schaumweinerzeugung mit der geringsten Intervention von außen.“ Vereinfacht gesagt, sind Pet Nats Schaumweine (oder Perlweine, wenn unter drei bar Druck), die anders als etwa Champagner ohne zweite Gärung auskommen. Der noch gärende Most – „egal, ob aus Stahltank, Holzfass, Betonei oder Amphore“ – wird mit einem Restzuckergehalt in die Flasche gefüllt, unter einem Kronkorken entwickelt sich die Kohlensäure.

Die Hefe wird tendenziell in der Flasche gelassen, degorgiert wird eher selten; die meisten Pet Nats sind also „sur lie“ und somit länger lagerfähig. Pet Nats sind hierzulande noch selten erhältlich und werden in der Gastronomie so gut wie nie angeboten, sagt Florian Ehn, der mit seiner Firma Raw Selection Pet Nats bisher quasi nur an Privatkunden verkauft.

(c) Momentosphere by Tobias de St. Julien

Alte Methode, neues Interesse. Die Herstellungsweise wird auch als Méthode ancestrale bezeichnet, also althergebracht, und ist an sich überhaupt nichts Neues. Prosecco wurde ursprünglich auf diese Art produziert; heute macht Prosecco col fondo („auf dem Sediment“), wie ihn etwa das Weingut Cá dei Zago herstellt, nur etwa ein Promille der Gesamtproduktion aus.

„Schon in den 1990er-Jahren haben ambitionierte Winzer in Frankreich begonnen, diesem Stil wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken“, erzählt der Wiener Weinhändler Leo Kiem von Agora Vino. Heute herrscht mit dem allgemeinen Interesse an Naturweinen auch steigendes Interesse an Pet Nats. „In London, Paris und New York hat sich dieser leichte und natürlich kohlensäurehaltige Wein bereits etabliert und ist in vielen, nicht ausschließlich gehobenen Restaurants vertreten. In Österreich ist die Fangemeinde noch überschaubar, und die Anhänger kommen meist aus der sogenannten alternativen (biologisch, biodynamisch) und Naturweinszene.“ Ein Grund für die Zurückhaltung sei, meint Kiem, dass man nie garantieren kann, wie das Resultat sein wird. Denn die Méthode ancestrale mag einfach klingen, sie birgt aber aufgrund der schwer zu steuernden Flaschengärung viele Stolpersteine, und nur wenige Winzer lassen sich darauf ein – im Kamptal etwa neuerdings Matthias Hager. Innerhalb einer Charge können sich die einzelnen Flaschen ganz unterschiedlich entwickeln. Das mag für neugierige Weintrinker auf der Suche nach Erlebnissen „abseits von Uniformität“ verlockend sein, andere schreckt es ab. Viele Pet Nats fallen in den Bereich „freaky, funky, geil“, sagt Weinhändler Florian Ehn, „bieten Geschmackserlebnisse, die für viele ungewohnt sind“.

(c) Momentosphere by Tobias de St. Julien



Im Le Loft im Wiener Sofitel hat Sommelier Steve Breitzke derzeit zwei Pet Nats auf der Karte. In der heimischen Gastronomie seien Pet Nats bisher praktisch kein Thema, beobachtet er. „Ich kannte sie bis dato auch nur durch Reisen im Ausland, und da vor allem aus Skandinavien. Natürlich sind diese Weine ebenso wie Cidre in der Erklärung schwierig, aber mit ein wenig Offenheit sind die Leute dann sehr begeistert ob des günstigen Preises und des Trinkspaßes.“

Tipp

Pet Nat trinken. Florian Ehn hat Prosecco col fondo von Casa Belfi und Cá dei Zago und einen Frizzante von Camillo Donati im Sortiment, rawselections.at. Im Le Loft gibt es den Pétillant naturel Foutre d’Escampette Domaine L’Octavin und den Pétillant naturel Rififi Sebastian Bobinet zu bestellen, im Sofitel, Praterstraße 1, und ebendiese beiden Weine verkauft Moritz Herzog, Ungargasse 30, 1030 Wien, weinskandal.at. Bei Leo Kiem gibt es den Pétillant naturel Moussamoussettes, NV von Agnès & René Mosse, Agora Vino, Karlsg. 3/2, 1040. agoravino.com

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