In Wagoners Amtszeit geriet GM auf immer steilere Talfahrt.
Angesichts milliardenschwerer Rekordverluste des US-Autobauers General Motors wurde Rick Wagoner schon seit Jahren immer wieder dieselbe Frage gestellt: "Wie lange stehen Sie noch an der GM-Spitze?" Das wollten Journalisten bei fast jedem Auftritt des 56-Jährigen wissen. In so schweren Zeiten sei ein Wechsel "nicht sehr schlau", antwortete er meist und schob sein leicht verkniffenes Lächeln nach.
Nun wurde ihm die Wahl des Zeitpunkts abgenommen: Die Regierung von US-Präsident Barack Obama habe den Rücktritt Wagoners zur Bedingung für weitere Staatshilfen an den maroden Autobauer gemacht, berichtete unter anderem das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Insider.
Sorge ums fehlende Geld
Seit Juni 2000 sitzt der gut 1,90 Meter große Ex-Basketballspieler am Steuer der Opel-Mutter GM. Vor mehr als drei Jahrzehnten begann er seine Karriere bei der einstigen Ikone der US-Industrie. Mit einem Business-Abschluss der renommierten Harvard University in der Tasche startete er in der GM-Finanzabteilung. Die Sorge ums fehlende Geld raubte dem schlaksigen Blondschopf zuletzt mehr denn je den Schlaf.
In Wagoners Amtszeit geriet GM auf immer steilere Talfahrt: Die Verluste schwollen lebensbedrohlich an. Ausgerechnet zum 100. Geburtstag im vergangenen Jahr verlor der Traditionskonzern den Titel als weltgrößter Autobauer an den japanischen Erzrivalen Toyota. Wagoner stemmte sich mit dem Abbau von Zehntausenden Stellen und Werksschließungen gegen die Krise.
Griff in ein fallendes Messer
Ohne Wagoners radikale Einschnitte wäre alles noch viel schlimmer gekommen, halten ihm einige Experten zugute. Aktionäre aber fragen: Noch schlimmer als ein Absturz der GM-Aktie von weit über 60 Dollar auf zeitweise nur etwas mehr als einen Dollar während seiner Amtszeit? "Wagoner greift in ein fallendes Messer - und scheitert", titelte denn auch das US-Wirtschaftsmagazin "Fortune" schon vor einiger Zeit.
In den Türmen der Detroiter Konzernzentrale wird seit längerem unter anderem der für das Tagesgeschäft zuständige GM-Präsident und Vizechef Fritz Henderson als ein Nachfolger für Wagoner gehandelt. Wagoners Motto zum 100. Geburtstag von GM hat ihn nun wohl selbst getroffen: "Wir starten in unser zweites Jahrhundert während eines fundamentalen Wandels in der Branche", meinte Wagoner damals prophetisch.
(Ag.)