Russland: Wenn Kohl plötzlich 353 Prozent mehr kostet

Russian Retail Inside a Perekrestok Supermarket Operated by X5 Retail Group
Russian Retail Inside a Perekrestok Supermarket Operated by X5 Retail Group(c) Bloomberg (Andrey Rudakov)
  • Drucken

Ein halbes Jahr nach dem Importverbot für Lebensmittel sind die Preise für Lebensmittel stark gestiegen - und der Schmuggel blüht.

Ausgedünnt sind die Auslagen in den Kühlregalen und Käsetheken in russischen Supermärkten: Sechs Monate nach dem russischen Importverbot für westliche Lebensmittel drückt zudem ein enormer Preisanstieg den Russen aufs Portemonnaie, und die Behörden kämpfen mit dem Schmuggel von Nahrungsmitteln aus EU-Staaten.

Die Preise für Lebensmittel lagen dem russischen Statistikamt Rosstat zufolge im Jänner durchschnittlich mehr als 20 Prozent höher als vor einem Jahr. Nach anderen Berechnungen fiel die Teuerungsrate bei einzelnen Produkten sogar weitaus höher aus. Ende Jänner stellte die Staatsanwaltschaft massive Preiserhöhungen seit dem Einfuhrverbot fest: Kohl - das Nationalgemüse der Russen - verteuerte sich zwischen August und Dezember um 353 Prozent, wie die Wirtschaftszeitung "RBK" berichtete. Paprika legte fast um das Doppelte zu. Mancherorts gab es Hinweise auf unlautere Preistreiberei.

Mehr als die Hälfte geht für Lebensmittel drauf

72 Prozent der Befragten wenden nach der Erhebung des unabhängigen Lewada-Zentrums inzwischen mindestens die Hälfte ihres Einkommens für Essen auf. Zum Vergleich: Beim durchschnittlichen österreichischen Haushalt sind es rund 12 Prozent.

Als Kremlchef Wladimir Putin am 7. August die Einfuhr von Lebensmitteln aus dem Westen verbot, verkaufte die Regierung im Land den Schritt als Mittel, die heimische Produktion zu fördern. Doch sechs Monate später kämpft Russland neben dem Preisanstieg auch mit Schmuggel - etwa über Weißrussland.

Kontrolleure finden immer wieder verbotene Lebensmittel in den Läden: Milchprodukte aus Deutschland und Frankreich, Fleisch aus Italien und Spanien und besonders kontrovers diskutiert - angeblich weißrussische Garnelen, obwohl das Land keinen Zugang zum Meer hat. Viele der Nahrungsmittel werden laut Verpackung in Weißrussland hergestellt. Die autoritäre Führung in Minsk ist ein enger Handelspartner Moskaus, hat sich aber den russischen Sanktionen nicht angeschlossen.

Der "Wurst-Krieg" mit dem Bruderland

Von einem "Wurst-Krieg" zwischen den "Bruderländern" Weißrussland und Russland berichten Medien inzwischen. Der Vorwurf der russischen Behörden lautet, zahlreiche verbotene Produkte aus EU-Staaten werden in Weißrussland verarbeitet oder einfach mit neuen Etiketten und Ausfuhrpapieren versehen und dann nach Russland verkauft. Moskaus Lebensmittelaufsicht stoppte in den vergangenen Monaten die Einfuhr hunderttausender Tonnen aus dem Nachbarland - häufig mit der Begründung, es lägen Hygieneverstöße vor.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.