Runtastic und seine sportlichen Jünger

Der ehemalige Profi-Volleyballer Hanno Lippitsch will Eversport zur größten Buchungsplattform für Sportler in Europa machen.
Der ehemalige Profi-Volleyballer Hanno Lippitsch will Eversport zur größten Buchungsplattform für Sportler in Europa machen.Die Presse
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Nach der Erfolgsgeschichte von Runtastic setzen weitere Start-ups auf den Bereich Sport – gemeinsam ist ihnen der Ansatz, den Zugang zum Sport zu erleichtern.

Wenn es eine österreichische Start-up-Erfolgsgeschichte gibt, dann heißt sie Runtastic. CEO Florian Gschwandtner hat die Fitness-App, die via GPS auf dem Handy aufzeichnet, wie viele Kilometer ein User in wie viel Zeit läuft, 2009 mit drei Freunden entwickelt. 2013 kaufte sich der deutsche Springer-Konzern bei Runtastic ein, die vier Gründer sind nun Millionäre. Heute macht Runtastic sein Geschäft nicht nur mit Fitness-Apps, sondern entwickelt und verkauft auch Sportzubehör wie etwa eine Körperfettwaage und ein Armband, das Schlafzyklen, Schritte und Energieverbrauch misst.

Gschwandtner ist inzwischen selbst Business Angel. Er weiß deshalb, wie schwer es ist, als Start-up profitabel zu werden. Dennoch sieht er Kapazitäten auf dem Markt: „Das größte Potenzial ist dort, wo schnell und einfach Zugangsbarrieren abgebaut werden.“

Genau das versucht Hanno Lippitsch. Der ehemalige Profi-Volleyballer wollte einfach Tennis spielen in Wien – hatte aber Probleme, sich einen Überblick über freie Plätze zu verschaffen. „Wenn es überhaupt Informationen online gibt, sind sie weit verstreut auf irgendwelchen Seiten der Verbände“, sagt Lippitsch, 31 Jahre alt und mittlerweile Gründer und CEO von Eversport. Denn das Start-up bietet diese Informationen nun konzentriert auf einem Portal an – einem Marktplatz für Sportstätten und Sportler.

Die derzeit 4000 Eversport-User sind vor allem Hobby- und Breitensportler. Sie können Zeitpunkt, Sportart und Stadt auswählen und das passende Angebot über die Plattform oder App buchen. Bietet die Sportstätte noch keine Onlinebuchungsmöglichkeit, erhält man zumindest die Kontaktinformationen und die Preise der Anlage. Insgesamt sind 1200 Firmen auf Eversport vertreten.


Buchen auf Papierzetteln. „Viele Sportanbieter arbeiten noch auf dem Papierzettel und haben auch keine Offline-Buchungssysteme“, erklärt Lippitsch das Problem. Deshalb stellt Eversport diesen Anbietern das eigene Buchungssystem kostenlos zur Verfügung. Die Online-Buchungsmöglichkeiten der großen Sportzentren integriert Lippitsch wiederum und kassiert dafür eine Provision. Ansonsten finanziert sich Eversport über Werbung und kostenpflichtige Premium-Accounts, die den Anbietern umfangreichere Profile ermöglichen.

Ein langer Prozess. Lippitsch ist optimistisch, dass sich sein Service bei den Sportstätten nach und nach durchsetzen wird. „Bei vielen Anbietern war es ein langer Prozess, bis sie den Mehrwert erkannt haben“, erklärt er. Aber spätestens seit sie neue Gesichter auf ihren Anlagen sehen und sich die mühsamen telefonischen Buchungen ersparen, seien die Anbieter überzeugt. Ein großes Wiener Sportzentrum bestätigt ein Plus an Buchungen durch Eversport.

Gleichzeitig mit Eversport ging im Herbst 2013 auch Sportle.me online, das Wiener Start-up von Stefan Feirer. Lippitsch und Feirer entwickelten dasselbe Geschäftsmodell zur selben Zeit.

Die beiden Start-ups waren von Beginn an erbitterte Gegner und warfen sich gegenseitig vor, nur eine Kopie des anderen zu sein. Im Sommer 2014 siegte dann die Vernunft. „Wir haben festgestellt, dass wir die gleichen Ziele haben und uns nichts Gutes damit tun, den Markt zu spalten“, erzählt Lippitsch. So entstand ein Joint Venture der beiden Start-ups. Der Name Eversport blieb, die Marke war zu diesem Zeitpunkt bekannter. Feirer kümmert sich nun um Marketing und Vertrieb.

Eversport ist mittlerweile auf zehn Mitarbeiter angewachsen, zwei Investorengruppen sind jetzt beteiligt. Mittelfristig soll Eversport der Platzhirsch im deutschsprachigen Raum werden. Großes Ziel von Lippitsch ist es, mit der Sport-Buchungsplattform Nummer eins in Europa zu werden. Aber zuerst sei für Mitte Februar ein technischer Relaunch geplant, danach soll die Expansion nach Deutschland in Angriff genommen werden.

Auch der Mountainbiker Mario Preining will Zugangshürden zu seinem Sport abbauen. Obwohl er zuerst wenig davon hielt, als sein Bruder 2008 am Gaisberg, einem Hausberg der Stadt Salzburg, einen elektrischen Antrieb auf sein Mountainbike schraubte.

Neue Möglichkeiten geboten. „Ein Elektromotor für Omas am Downhill-Bike? Ich war der Erste, der ihm den Vogel gezeigt hat.“ Heute ist der 34-jährige Mario Preining Gründer und CEO von EGO-Sports. Das Start-up baut die weltweit stärksten Motorsysteme für Mountainbikes. Es war der Spaßfaktor, der Preining am Gaisberg dann doch überzeugt hat. Und die Möglichkeiten, die ein solcher Motor für Sportler bietet.

Ursprünglich entwickelte EGO-Sports die Motoren als Nischenprodukt für professionelle Downhill-Mountainbiker. Deren Fahrräder sind für hohe Geschwindigkeiten in der Abfahrt gebaut, sie sind schwer und ohne Seilbahn oder Auto nur mit größter Anstrengung den Berg hinaufzubefördern. Mit dem Hilfsmotor müssten Mountainbiker keine Kompromisse mehr bei der Abfahrt machen, erklärt Preining. Er will EGO-Sports aber nicht auf die Downhill-Szene beschränken, die Motoren würden viel mehr Möglichkeiten bieten: „60 Kilometer pro Stunde in der Ebene sind eine völlig neue Art, Fahrrad zu fahren. Unsere Motoren machen beispielsweise viel größere Touren am Berg und in der Ebene möglich.“ Seine neue Zielgruppe nennt er Olaf – die Outdoor Loving Action Freaks.


Rollator-Image bleibt Hürde. Im Alltag haben E-Bikes längst Einzug gehalten. Jedes neunte Rad ist bereits mit einem Elektroantrieb ausgestattet. Doch bei Mountainbikern sind die Motoren umstritten. 2010 gingen Preining und sein Bruder mit ihren Motoren erstmals an die Öffentlichkeit. Der Brand New Award auf der Ispo 2011 in München, der weltgrößten Messe für Sportartikel, war ihr erster Durchbruch.

Doch das „Rollator-Image“ von E-Bikes, wie Preining es nennt, bleibe eine große Hürde für das Start-up. Um hier einen Imagewandel herbeizuführen setzt EGO–Sports auf Leistung und Performance. 3400 Watt oder viereinhalb Pferdestärken leistet deshalb das Topmodell – das ist etwa das Vierfache eines E-Bikes. Es kostet stolze 4000Euro, dafür kann man mit dem Bike Steigungen bis zu 40 Prozent bewältigen. Das Einstiegsmodell mit 2400Watt gibt es um 3000 Euro.

Inzwischen passen die etwa fünf Kilo schweren Motoren auf nahezu jedes Mountainbike. Von Eugendorf aus werden sie in alle Welt verschickt – inklusive Anbauanleitung. „Für versierte Laien ist der Anbau kein Problem“, versichert Preining. „Wir wollten ja kein Ungetüm auf zwei Rädern bauen, sondern das vertraute Bild eines Fahrrads beibehalten.“ Die neueste Entwicklung ist das erste abnehmbare Mittelmotorsystem der Welt, in weniger als einer Minute soll es auf- oder abmontiert werden können. Preinings Zulieferer sind im Umkreis von Salzburg stationiert, alles made in Austria also.


Am wichtigsten ist das Herzblut. Ein Drittel der bisher 550 verkauften Motoren geht nach Österreich und Deutschland, ein weiteres Drittel in die USA und Kanada. Vor allem Kanada ist ein vielversprechender Markt. Bjørn Enga, ein Urgestein der Mountainbike-Szene, hat dort den Vertrieb übernommen. Doch um das lahme E-Bike-Image abzuwenden, wartet auf Preining „noch viel Meinungsbildung und Aufklärung“. Preining will kein Bergauf-Taxi anbieten, sondern Sportlern mit der richtigen Technologie Strecken eröffnen, die vorher nicht erreichbar waren.

Was Florian Gschwandtner den Gründern raten würde? Er beschäftige sich derzeit viel mit Leadership, sagt er. Bei seinen Investments sei ihm deshalb eine Idee auf Papier zu wenig, sein besonderes Augenmerk gilt den Gründern: „Am wichtigsten ist immer noch das Herzblut.“

Sport-Start-ups

MitEversport lassen sich freie Plätze von 1200 Sportanlagen in den neun Bundesländern finden. Teilweise können Sportler gleich über die Plattform buchen. www.eversport.at

EGO-Sports baut die stärksten Elektromotoren für Mountainbikes. Verkauft wird im Onlineshop, der Versand der Motoren erfolgt mit Anbauanleitung. Die Motoren schaffen in der Ebene 60 km/h. De.ego-kits.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2015)

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