US-Krise: Obama setzt Autobauer unter Druck

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Die US-Regierung zwingt GM Wagoner vom Chefsessel und Chrysler in eine Fusion. Die Regierung zieht auch ein geordnetes Konkurs-Verfahren in Erwägung.

Washington/Wien (hie, APA). Vergangene Woche machte Obamas Taskforce zum Automarkt den seit Monaten zitternden Autofirmen General Motors und Chrysler noch Hoffnung. Am Montag mussten die beiden einen herben Rückschlag einstecken: Die Arbeitsgruppe wies die vorgelegten Sanierungskonzepte zurück.

Zudem drängte die Regierung GM-Chef Rick Wagoner zum Rücktritt. Auch Chrysler legte das Obama-Kabinett an die Kandare und stellte den Abschluss der geplanten Allianz mit Fiat als Bedingung für weitere Kredite. Die Regierung zieht auch ein geordnetes Konkursverfahren in Erwägung.

„Nicht überlebensfähig“

Der Bericht der Taskforce stellt GM und Chrysler ein schlechtes Zeugnis aus: So sei Chrysler, das kleinere der beiden Unternehmen, allein keinesfalls lebensfähig. Der Ausweg: Der Konzern muss bis Ende April seine anvisierte Fusion mit dem Italo-Autobauer Fiat über die Bühne bringen. Unter der Bedingung allerdings, dass Fiat so lange keine Mehrheit an Chrysler übernehmen darf, bis die Regierungskredite zurückgezahlt sind. Gelingt der Deal, werden Chrysler bis zu sechs Mrd. Dollar an Krediten in Aussicht gestellt (der Konzern hatte neben bereits erhaltenen vier Mrd. Dollar zusätzliche fünf Mrd. beantragt). Kann der Autohersteller diesen Auflagen nicht Folge leisten, wird der Geldhahn endgültig zugedreht.

Etwas mehr Zeit räumt die Arbeitsgruppe General Motors ein: Der neue GM-Chef Frederick A. Henderson soll noch 60 Tage lang Zeit und Geld bekommen, um ein neues, „aggressiveres“ Sanierungskonzept zu erarbeiten und bereits vor längerer Zeit auferlegte Einsparungen mit Gläubigern und der Gewerkschaft auszuhandeln. GM hat bisher 13,4 Mrd. Dollar an Krediten bekommen.

Aber auch der Bankrott, so der Wortlaut des Berichts, könne ein Weg sein, den beiden Firmen einen Neustart zu ermöglichen. Von einer Liquidierung wolle man zwar absehen, stattdessen könnte aber ein „strukturiertes Konkursverfahren“ helfen, die Autohäuser von ihrer Schuldenlast zu befreien.

Die Fehler in der US-Autoindustrie seien nicht von den Arbeitern, sondern von der Führung begangen worden, erklärte US-Präsident Obama. Einer, der dafür die Verantwortung übernehmen musste, ist GM-Chef Wagoner, den das Weiße Haus am Wochenende zum Rücktritt drängte. Wagoners bisheriger Stellvertreter Frederick A. Henderson soll interimistisch die Führungsagenden übernehmen, Board-Mitglied Kent Kresa soll Direktor werden.

Wagoner wird unter anderem vorgehalten, in seiner Zeit als CEO von GM sukzessive Marktanteile verspielt zu haben. So konnte das Unternehmen 1994, als Wagoner die Nordamerika-Agenden übernahm, noch 33,2 Prozent der US-Marktanteile zu seinem Einflussbereich zählen. Im vergangenen Monat waren es nur noch knapp 19 Prozent. Zu diesem drastischen Verlust gesellte sich ein katastrophales Jahresergebnis: Auf 30,9 Mrd. Dollar beläuft sich das Minus von GM für 2008. Immer noch weniger als die 38,7 Mrd. Dollar des Jahres 2007, als GM den größten Verlust seiner Firmengeschichte wegstecken musste.

Firmen wollen 22 Mrd. Dollar

Obama machte klar, dass man die US-Autoindustrie „nicht untergehen“ lassen werde. „Sie sind ein Symbol des amerikanischen Geistes.“ Die Industrie müsse aber am Ende „auf eigenen Beinen stehen“. Über die Firmen meinte er allgemein, sie hätten sich zwar um Reformen bemüht, aber die Pläne seien nicht gut genug, um die Verwendung von Steuergeldern zu rechtfertigen. Daher müssten die Firmen nachbessern.

Bereits seit Monaten ringt die US-Autobranche ums Überleben. Im Dezember eilte die Bush-Administration GM und Chrysler mit Krediten über insgesamt 17,4 Mrd. Dollar zu Hilfe. Als die beiden wenige Monate später um weitere 22 Milliarden ansuchten – von denen 16,6 Mrd. auf General Motors entfallen –, sorgte das für einen öffentlichen Aufschrei.

An der Zukunft des US-Giganten General Motors hängt auch jene der deutschen Tochterfirma Opel. Deutschland lehnte bisher direkte Hilfen an Opel ab.

AUF EINEN BLICK

Frederick A. Henderson, auch „Fritz“ genannt, arbeitet seit 1984 für General Motors. Seit einem Jahr ist der studierte Ökonom Vizechef des Konzerns, zuvor war er für die Finanzen zuständig.

■Der 50-jährige Sohn eines GM-Verkaufsmanagers wird schon lange als Wagoners Nachfolger gehandelt. [Reuters]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2009)

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Kommentare

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Es ist immer schlecht, wenn der Staat in der Privatwirtschaft mitmischt und sich vielleicht noch als Autobauer versucht.

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