Wien ist längst multikulti

Vier von zehn Schülern in Wien haben Migrationshintergrund. In Hauptschulen sind es sogar sechs von zehn.

Harte Informationen in so geballter Form sind von Ministern eher selten. Noch dazu bei Beantwortung der in der Hochbürokratie gehassten schriftlichen parlamentarischen Anfragen, wie sie neugierige, recherchierende oder sekkante Abgeordnete nun einmal stellen. Claudia Schmied hat nun offenbar einen Rekordversuch unternommen. Ihre jüngste Antwort, die ein Mitarbeiter in einwöchiger Arbeit zusammenstellen musste, wie die Ministerin nicht unspitz vermerkt, erstreckt sich über beachtliche 485 Seiten. 485 Seiten, in denen sie Zahlen zum Anteil von ausländischen Kindern und inländischen Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache ausweist. Durchschnittlich vier von zehn, die heute in einer Wiener Klasse sitzen, kommen aus dieser Bevölkerungsgruppe. In den Hauptschulen der Bundeshauptstadt sind nur noch vier von zehn Schülern in Österreich von Inländern geboren. Für stets erregungsbereite Politiker natürlich ein „gefundenes Fressen“.

Wirklich überraschen können derartige Zahlen nur Schläfer. Politiker, an denen ein grundsätzlicher Wandel Wiens der vergangenen Jahre völlig vorübergegangen ist: Dass 36Prozent heute bereits über Migrationshintergrund verfügen. Lange haben (zu) viele in der Politik geschlafen. Wien ist multikulti – und das nicht erst seit gestern. Wenn es nicht so viele Versäumnisse in der Integration gebe, würde man gerne anfügen: Na und?


dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Integration

„Lehrer überfordert, bedroht“

Expertin meint, Kinder würden in Sonderschulen abgeschoben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.