Stahlindustrie: Voest zieht der Konkurrenz davon

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Massenstahlherstellern wie ArcelorMittal oder ThyssenKrupp machen Überkapazitäten, Preisdruck und Billigimporte aus China mehr zu schaffen als den Österreichern.

Brüssel/Düsseldorf/Wien. Die jüngst präsentierten Neunmonatszahlen des Geschäftsjahres 2014/15 zeigen es wieder: Die Voestalpine zieht der Konkurrenz davon. Während die Linzer das Konzernergebnis um mehr als ein Viertel steigern konnten, schloss der weltgrößte Stahlkonzern ArcelorMittal das Jahr 2014 mit einem Verlust von 1,1 Mrd. Dollar ab. Geschuldet ist der Abgang, der 2013 bei 2,5 Mrd. Dollar lag, zwar hohen Abschreibungen, Zinsaufwendungen und Kosten für die Absicherung von Währungsrisken. Aber auch der deutsche Rivale ThyssenKrupp zeigt: Die Stahlindustrie ist von ihren Glanzzeiten meilenweit entfernt – wenn man nicht, so wie die Voest, mit Spezialstählen und Hightech-Produkten punktet.

Die nach 2008 krisenbedingt schwächere Nachfrage in Europa hat enorme Überkapazitäten verursacht – einer Produktion von 210 Mio. Tonnen steht ein Verbrauch von rund 170 Mio. Tonnen gegenüber. Bisher wurde aber kein Hochofen stillgelegt. Das hat die Stahlpreise in den Keller rasseln lassen. Chinas Hunger nach Stahl ist zwar weiterhin – wenn auch nicht mehr so extrem – hoch. Aber das Land überschwemmt selbst die Märkte mit billigem Stahl. Der Verband Eurofer erwartet daher heuer nur eine langsame Erholung der Nachfrage um 1,9 Prozent und 2,6 Prozent im kommenden Jahr.

Diese miserable Marktsituation spüren vor allem Massenstahlhersteller wie eben ArcelorMittal oder ThyssenKrupp. „Das konjunkturelle Umfeld bleibt unsicher und die geopolitischen Risken hoch“, sagte ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger am Freitag. Der Konzern, der in den letzten Jahren auch Milliarden in neuen Stahlwerken in Übersee versenkt hat, konnte im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2014/15 nur dank des Sparkurses das Ergebnis von minus 65 auf plus 50 Mio. Euro drehen. Seit Oktober arbeiten die Stahlkocher in Europa nur noch 31 Stunden in der Woche. Dazu kommen niedrige Rohstoffkosten, und die Aufzugssparte warf fette Gewinne ab. In den Glanzzeiten 2006/07 und 2007/08 sorgte das Stahlgeschäft für volle Kassen.

Arcelor dämpft Erwartungen

Weltmarktführer ArcelorMittal erwartet im laufenden Jahr sogar einen Rückgang des operativen Gewinns. Der weltweite Stahlverbrauch werde langsamer wachsen. In den USA, wo es lange Zeit rund lief, gehe die Nachfrage zurück, hieß es. Und in China schrumpfte der Stahlverbrauch im Vorjahr erstmals seit 1981. ArcelorMittal rechnet für 2015 mit einen Rückgang des operativen Gewinns (Ebit) auf 6,5 bis sieben Mrd. Dollar, nachdem dieser 2014 um 8,5 Prozent auf 7,2 Mrd. gestiegen ist. Diese Ankündigung verursacht in der Industrie Sorgenfalten: Da Arcelor allein sechs Prozent des Stahls weltweit herstellt, gilt der Geschäftsverlauf des Konzerns als Indikator für die globale Konjunktur.

Schadenfreude kommt angesichts dieser Negativszenarien in Linz nicht auf. Aber Voestalpine-Chef Wolfgang Eder wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass der Konzern ohne den vor Jahren eingeleiteten Strategieschschwenk kaum mehr leben würde. „Wir sind ein stahlbasierter Technologie- und Industriegüterkonzern“, lautet sein Credo. Das spiegeln auch die jüngsten Zahlen wider: Die Stahl-sparte ist gemessen am Umsatz die größte Division, beim Betriebsergebnis liegt sie nach Metal Engineering (Schienen und Weichen), Spezialstahl und Metal Forming (Autoteile) an letzter Stelle.

Die Voest-Aktie hat am Freitag ein 24-Monate-Hoch markiert. Thyssen konnte im Sog des DAX seit Jahresbeginn 20 Prozent Terrain gut machen. Die Arcelor-Papiere haben indes seit einem Jahr ein Viertel an Wert verloren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2015)

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