Babyboom wird zum Pensionsproblem

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Heuer treten die ersten heimischen Babyboomer ihr letztes Arbeitsjahr an. Hierzulande war der Boom deutlich kürzer als im anglo-amerikanischen Raum.

Wien. 1956 war in Österreich das erste Jahr des Booms. Ab diesem Jahr stieg die Geburtenrate auch hierzulande rasant an und erreichte im Jahr 1963 mit 2,82 Kindern pro Frau den Höchststand. Nur kurz später, ab 1969, war es mit dem sogenannten Babyboom jedoch auch schon wieder vorbei – die Fertilität brach innerhalb von nur drei Jahren auf einen Wert unter dem „Bestanderhaltungsniveau“ von 2,1 ein und blieb seitdem auf zu geringem Niveau (im Schnitt 1,6).

Mit diesen 13 Boomjahren liegt Österreich im internationalen Vergleich im Mittelfeld, wie aus einer Studie der Allianz über die Auswirkungen der Babyboomer auf das Pensionssystem hervorgeht („Baby, it's over now: The last boomer turns 50“). Denn die große Zeit des Kinderkriegens fiel in den westlichen Ländern sehr unterschiedlich aus. Während etwa Italien mit nur vier Jahren (1946–1949) die kürzeste Boomphase erlebte, waren es in Neuseeland sogar 27 Jahre (1946–1972) mit einer Reproduktionsrate von über 2,1 – der Höchststand betrug dort im Jahr 1961 sogar 4,3 Kinder pro Frau. In Summe war der Boom in den anglo-amerikanischen Ländern in der Regel stärker ausgeprägt und hielt länger an als in Kontinentaleuropa.

Entsprechend unterschiedlich sind auch die Auswirkungen des Pensionsantritts der Babyboomer-Generationen. Hierzulande geht zwar erst heuer der erste Boomerjahrgang in sein letztes Arbeitsjahr – in anderen Ländern ist dieser Prozess bereits seit Längerem im Gang. In den kommenden zwanzig Jahren wird der Rentenantritt der geburtenstarken Jahrgänge jedoch alle westlichen Länder und vor allem deren Pensions- und Sozialsysteme massiv beeinflussen.

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Am deutlichsten wird dies logischerweise in jenen Ländern zu spüren sein, die einst den größten Boom hatten. So wird etwa in Neuseeland der Altenquotient (Verhältnis der über 65-Jährigen zu jenen im Haupterwerbsalter) durch die Pensionierungswelle der Babyboomer um 80 Prozent steigen. Knapp dahinter folgen Kanada, die Niederlande und die USA. Am anderen Ende der Skala rangieren Italien, Bulgarien und Schweden, wo sich der Altenquotient lediglich zwischen fünf und 15 Prozent erhöht. Österreich liegt auch hier mit einer Steigerung des Altenquotienten um rund 50 Prozent bis zum Jahr 2033 im Mittelfeld.

Kommt den Kontinentaleuropäern ihre einstige Zurückhaltung beim Kinderkriegen nun zugute? Nur auf den ersten Blick. Denn die Steigerung trifft in Ländern wie Italien, Deutschland, aber auch Österreich auf eine bereits deutlich stärker gealterte Bevölkerung. So gab es hierzulande im Jahr 2014 bereits 27 über 65-Jährige pro 100 Personen im Erwerbsalter. Bis zum Jahr 2034 wird diese Zahl auf 42 ansteigen (siehe Grafik). Grund dafür ist, dass der Geburtenrückgang nach dem Boom in Österreich und den anderen mitteleuropäischen Ländern länger und ausgeprägter war. So waren die Zahlen der Jahrgänge nach 1972 nicht nur kleiner als jene während des Babybooms, sie waren auch – anders als in anglo-amerikanischen Ländern – kleiner als jene aus der Zwischenkriegszeit.

Dadurch wird es in den anglo-amerikanischen Ländern zwar einen deutlichen Anstieg der Pensionskosten geben. In Mitteleuropa wird es aber auch erstmals in der Geschichte einen Rückgang beim Arbeitskräfteangebot geben, so die Studienautoren. Dies wieder zu ändern dauert lang. Der Trend bei den Geburtenraten hat hierzulande seit dem Tiefststand im Jahr 2001 zwar wieder gedreht. Bis zum nächsten Boom dürfte es aber noch Jahrzehnte dauern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2015)

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