„Bei euch kann ich auch arbeiten?“

Wake-UP #3. In der dritten Ausgabe der „Presse“-Veranstaltungsserie zeigte die Stadt München, mit welcher Strategie öffentliche Dienstgeber im Rennen um die besten Mitarbeiter auftreten.

Wer über Arbeitgebermarke und Unternehmenskultur spricht, hat in aller Regel primär private Arbeitgeber vor Augen. Ein Grund für Wake-UP, die Plattform der „Presse“ für Geschäftsführer, Personal- und Marketingverantwortliche, erstmals über die Staatsgrenzen zu blicken und zu erfragen, was die Stadt München als Arbeitgeber anders macht als andere.

Als Stefan Döring vor Jahren zum ersten Mal mit der Stadt München bei einer Jobmesse mit einem Stand vertreten war, sei München als Arbeitgeber noch hinter BMW und anderen nachgehinkt, sagt dieser, seit 2008 für das Personalmarketing der Stadt verantwortlich. „Ach, bei euch kann ich auch arbeiten?“, bekam er als überraschte Antwort.

Mittlerweile hat Döring intensiv an der Arbeitgebermarke gearbeitet. Was er zunächst feststellen musste: „Im Gegensatz zu anderen Arbeitgebern fehlt dem öffentlichen Dienst eine Produktmarke.“ Stadt-Mitarbeiter arbeiten nicht für konkrete Produkte, sondern für das Gemeinwohl – ein Gedanke, der besonders junge Leute ansprechen würde, aber nie mit der Stadt als Arbeitgeber assoziiert werde. Übersetzt heißt das in einem Imagevideo der Stadt: „Du arbeitest nicht für jeden – dann arbeite doch für alle.“

Klischees, Stolz und Wir-Gefühl
Während Start-ups gern mit dem Klischee spielen, die Unkonventionellen zu sein, müssten Arbeitgeber aus dem öffentlichen Dienst gegen Klischees ankämpfen: Beamten seien zwar pflichtbewusst, zuverlässig und kompetent, aber auch ineffizient.

Döring ging den Weg über die Analyse, wie die Stadt als Arbeitgeber intern und extern wahrgenommen wird. In einer Vollbefragung aller knapp 33.000 Mitarbeiter versuchte er herauszufinden, was sie an ihrem Arbeitgeber besonders schätzen. Das Ergebnis: Sicherheit, den Standort München und Kontinuität. 75 Prozent gaben an: „Meine Arbeit hat eine besondere Bedeutung für mich und ist nicht einfach nur ein ,Job‘.“ Doch nur etwas mehr als die Hälfte sagte: „Ich bin stolz, anderen erzählen zu können, dass ich hier arbeite.“

Solche Erkenntnisse lieferten dem Personalmarketing auch die Inhalte für die Geschichten, die in Form von Storytelling an die unterschiedlichen internen und externen Zielgruppen kommuniziert werden. Intern stellten sie etwa den Sinn der Arbeit, den Stolz, das Wir-Gefühl und die Vorteile genau dieser Arbeit und dieses Arbeitgebers dar.

Extern laute die Aufgabe, den öffentlichen Dienst zu „erklären“. Er sollte in der Konkurrenz zur Wirtschaft und zu kleinen Kommunen deutschlandweit bestehen. Denn das Problem ist: Im öffentlichen Dienst sind die Bezüge gedeckelt. Doch München ist ein teures Pflaster. Für viele ein zu teures, weshalb sie lieber außerhalb wohnen – und arbeiten.

Neue Aufgaben für Recruiter
Im Rennen um die besten Mitarbeiter ist Döring bewusst, dass es vor allem der Dienstgeber ist, der sich bei Kandidaten bewerben muss – nicht umgekehrt. Das bedeutet, dass junge Menschen vor allem digital und mobil angesprochen werden müssen. Das bedeute auch, dass das Rollenverständnis der Recruiter sich stark verändern werde, sagt Döring: „Sie werden von Administratoren zu Beratern und Verkäufern."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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