Garnisongasse: Logieren statt studieren

Die Studenten sind ausgezogen, jetzt wird umgebaut: In der Garnisongasse 3 im neunten Wiener Gemeindebezirk bekommt der Garellihof moderne Büros und Wohnungen.

Auf Wäscheleinen baumeln Kluppen, entlang des Dachstuhls, in Hüfthöhe, laufen dicke Querrinnen, über diese wurde früher der Regen abgeleitet: ein Dachboden wie damals. Doch bald schon, im Frühjahr 2016, wird es ganz oben im Haus in der Garnisongasse im neunten Bezirk ganz anders aussehen. Der Gründerzeitbau wird gerade generalsaniert, das Dach komplett abgetragen, ein neuer Dachstuhl gefertigt. Darunter gibt es dann Platz für vier Wohnungen, großzügig angelegt zwischen 130 und 200 Quadratmetern.

Uni macht Platz

Im Rahmen einer Umnutzungsinitiative baut die ARE Austrian Real Estate GmbH, eine auf Büros und Wohnungen spezialisierte Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft BIG, einige Gebäude in Wien um, die Garnisongasse 3 ist eines davon. Nicht nur unter dem Dach wird seit Anfang 2015 gewerkt, auch Teile der Regelgeschoße werden modernisiert. „An die 1400 Quadratmeter sind frei geworden, als einige Institute der Uni Wien ausgezogen sind“, berichtet ARE-Pressesprecher Ernst Eichinger. In sechs Büros lernten zwischen 1972 und 2012 etwa IT-, Publizistik- und Mathematikstudenten. Zum Teil, im Mezzanin, ersten und zweiten Stock werden die Räume zu modernen Büros umgebaut, darüber entstehen ebensolche Wohnungen; wie jene im Dachgeschoß werden sie vermietet. „Wir erneuern die Grundrisse, Böden, Wände, Decken, Fenster, Türen. Und auch allgemeine Teile wie der Eingangsbereich und das Stiegenhaus werden aufgewertet“, sagt Eichinger.
Bei den Vorarbeiten zur Überprüfung der Bausubstanz stieß man auch auf Interessantes: Unter manchen Böden wurden alte Sternparkette entdeckt, die aber leider nicht mehr zu retten waren. Einige schöne Stuckdecken dagegen bleiben künftigen Nutzern sicher erhalten.
Klingt nach hochwertigem Wohnraum, der dort entsteht – und das war schon so, als der sechsgeschoßige Bau in den Jahren 1890 und 1891 entstand. Wilhelm Stiassny, bekannter Architekt, Baurat und Mitbegründer der Wiener Bauhütte, plante das Objekt für die namensgleichen Brüder Jakob und Wilhelm Stiassny, Kaufmänner und Großindustrielle in Wiens Textilbranche. Errichtet wurde es von Stadtbaumeister Donat Zifferer, der sich vor allem mit gehobenem Wohnbau beschäftigte. Das Ergebnis: zwei markante Ecktürme, ein repräsentatives Stiegenhaus und – für damalige Verhältnisse eigentlich schon Luxus – ein Aufzug, Toiletten und Bäder in jeder Wohnung.

Im Eigentum der Republik

„Garellihof“, wie es heute an der historischen Fassade steht, hieß der Bau nicht immer, der Name tauchte im Jahr 1938 erstmalig in einem Bauakt auf, vermutlich wegen der angrenzenden Garelligasse, erläutert man bei der ARE. Die Besitzer wechselten schon früher: Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich die Liegenschaft im Besitz des sogenannten Allerhöchsten Kaiserlichen Familienfonds, mit dem Ende der Monarchie ging sie in den Kriegsgeschädigtenfonds und somit in das Eigentum der Republik Österreich über. Und das ist der Bau bis heute, seit 2012 vertreten durch die ARE.
Gehen die Bauarbeiten wie geplant voran, „sollen die Flächen in den Regelgeschoßen schon im heurigen Sommer fertig sein“, sagt Eichinger, die künftigen Bewohner des Dachgeschoßes sollen knapp ein Jahr später einziehen. Wohin sie auf einen nahen Schlummertrunk gehen können, steht heute schon fest: Im Erdgeschoß des Garellihofs hat sich schon seit Jahren das Highlander Scottish Pub eingemietet.

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