In den Plänen von SPÖ wie ÖVP fehlen Milliarden für die zugesagte Entlastung. Die Betrugsbekämpfung soll nun mehr einbringen.
Wien. Die rot-schwarze Regierung ist jetzt bei der Steuerreform im Rückwärtsgang beziehungsweise wegen interner Widerstände stark gebremst unterwegs. Die Lücken zur Gegenfinanzierung der Steuerentlastung werden wegen der Entwicklungen bei den SPÖ-Vermögenssteuerplänen und bei ÖVP-Sparvorhaben sogar größer statt kleiner. Die Finanzierung hängt mehr denn je in der Luft.
• Sparen in der Verwaltung: Nach der SPÖ ist auch die ÖVP mit verstärktem Gegenwind konfrontiert. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), zuvor Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungen, hat nach dem Vorbild des Gesundheitswesens konkret vorgeschlagen, den Anstieg bei den Ausgaben für die Verwaltung von 2,9 auf 1,9Prozent zu dämpfen. Errechnete Einsparungen bis 2020: drei Milliarden Euro.
• Einwand der Länder. Für seinen ÖVP-Parteikollegen, Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, ist das nichts Neues: Die Länder würden bereits ihre „Hausaufgaben“ bei den Verwaltungskosten machen, meinte Pröll als derzeitiger turnusmäßiger Konferenzvorsitzender der Landeshauptleute. Die Länder wollen bei der Steuerreform nur gemäß ihrem bisherigen Anteil geringere Einnahmen hinnehmen. Pröll rüffelte am Mittwoch außerdem die Regierung: Die offen geführte Steuerreformdiskussion sei „nicht hilfreich“.
Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, der als ÖVP-Ländervertreter selbst an den Steuerreformverhandlungen der Regierung teilnimmt, hat die Linie – nur anteilsmäßige Mindereinnahmen – schon im Oktober 2014 in einem „Presse“-Interview angekündigt und mehrfach bekräftigt. Die SPÖ hat hingegen in ihrem Steuerkonzept Einsparungen in der Verwaltung und bei Förderungen zur Finanzierung der Steuerreform mit einer Milliarde Euro beziffert, die ÖVP gar mit zwei Milliarden Euro.
„Die ÖVP kann nicht sparen“
Für SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer fehlen Sparpläne der ÖVP bisher komplett. Deswegen seine Frontalattacke im Gespräch mit der „Presse“: „Die ÖVP kann nicht sparen.“ Die ÖVP lasse in ihren Kernbereichen, bei der Förderung der Landwirtschaft und der Wirtschaft, exakte Sparpläne vermissen.
• Vermögenssteuern: Auf SPÖ-Seite klafft allerdings nach der von Wiens Bürgermeister Michael Häupl verkündeten und von Bundeskanzler Werner Faymann nachvollzogenen Abkehr von der Reichensteuer, der Millionärsabgabe für Vermögen ab einer Million Euro, eine Lücke bis zu 1,5 Milliarden Euro. Diese Summe hatte die SPÖ im Steuerkonzept zur Gegenfinanzierung fix vorgesehen. Vorerst haben sich SPÖ-Spitze und Mitglieder des roten Parlamentsklub auf die Sprachregelung verständigt, die Millionärssteuer sei gar nicht vom Tisch, weil das Geld nun bei anderen hohen Vermögen (Erbschaften, Einnahmen aus großem Kapitalerträgen) hereinkommen soll. Abgesehen davon, dass die ÖVP Erbschaftssteuern bisher strikt ablehnt, waren daraus im SPÖ-Konzept von vorneherein bereits 500 Millionen Euro zur Gegenfinanzierung fix eingeplant.
• Warten auf Gesamtpaket. Während der laufenden Verhandlungen halten sich auch Spitzengewerkschafter in der SPÖ vorerst zurück. So erklärte der Chef der SPÖ-Gewerkschafter (FSG), Wolfgang Katzian, der „Presse“, er werde „das Gesamtpaket bewerten“.
• 1,5 Milliarden aus Steuerbetrug. Bis zur nächsten großen Verhandlungsrunde am 8. März sind erneut die Experten dabei, alles durchzurechnen. Als fix gilt, dass die bisher von SPÖ wie ÖVP mit einer Milliarde Euro bezifferten Mehreinnahmen durch verstärkten Kampf gegen Steuerbetrug auf 1,5 Milliarden Euro hinaufgeschraubt werden. Welche Maßnahmen dazu geplant sind, wollte man nicht preisgeben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2015)