Ratingagentur S & P murrt hörbar über Österreich

(c) REUTERS (BRENDAN MCDERMID)
  • Drucken

Die Ratingagentur Standard & Poor's hält die verzögerte Konsolidierung für „besorgniserregend“ und stellt die heimische Rechtssicherheit infrage.

Wien. Es war ein Schock für das ökonomische Selbstwertgefühl: Vor drei Jahren entzog Standard & Poor's Österreich die Bestnote. Die US-Ratingagentur machte aus dem Triple A ein AA+ mit stabilem Ausblick. Dabei dürfte es in den nächsten ein, zwei Jahren wohl bleiben – bestenfalls. Denn bei einer Präsentation in Wien stellten die für die Region zuständigen Analysten einige Ruten ins Fenster.

Die staatliche Schuldenlast – nach dem Hypo-Debakel auf weit über 80 Prozent des BIPs gestiegen – sehen sie als echte „Schwäche“ (nach interner Terminologie ein Alarmsignal). Finnland und die Niederlande haben mit deutlich niedrigeren Quoten auch nur ein Doppel-A, mahnt Kreditanalyst Thomas Fischinger. Dass ein wirklich ausgeglichener Staatshaushalt erst frühestens 2017 zu erwarten ist, sei „besorgniserregend“ – zumal man damit rechnen müsse, dass die Steuerreform auch noch einen Strich durch diese wenig ambitionierte Rechnung macht. Dann nämlich, wenn die Entlastung entgegen den Beteuerungen der Verhandler doch zum Teil über Kredite finanziert wird.

Die Stunde der Wahrheit sei dabei nicht der 17. März, sondern der heuer anstehende Finanzausgleich, bei dem der Stabilitätspakt mit den Ländern aufgeschnürt werden könnte. Das leuchtende Gegenbeispiel ist für Analystenkollegen Alois Strasser der Nachbar Deutschland: „Dort hat die Konsolidierung erste Priorität, dann erst sieht man weiter“ – eine Reihenfolge, die er auch für Österreich empfiehlt.

Auch bei der Abwicklung maroder Banken wie der WestLB oder der Hypo Real Estate legt Deutschland ein anderes Tempo vor, ergänzt Fischinger: „In Österreich ziehen sich die Lösungen hin.“ Für nachhaltige Irritation bei S & P hat im Vorjahr die „populistische“ Entscheidung gesorgt, die Kärntner Hypo-Garantien für ungültig zu erklären: „Für die Investoren steht damit die Rechtstreue infrage. Das ist nicht nicht der Standard eines AA+-Landes.“

Länder mit mehr Reformeifer

Ob Abwicklung oder Insolvenz: Entscheidend sei auch künftig, ob Garantien gültig bleiben, ob also „ein gegebenes Versprechen noch einen Wert hat“. Eine Bundesgarantie zu verletzen, könnte sich die Regierung ohnehin nicht leisten. Denn jede nicht vollständig beglichene Schuld eines Staates bedeutet in Rating-Logik die Pleite desselben: D wie Default. Offen sind jedoch die elf Milliarden, für die Kärnten noch zu haften hätte. Dass die Politik ihre schützende Hand abziehen könne, hat auch das Rating einiger Banken verschlechtert.

Mit Rückstufungen gestraft hat S & P im Vorjahr auch Bundesländer: Wien, Niederösterreich, die Steiermark und das Burgenland. Ursache sei aber auch hier der Bund, der damit gedroht hat, die Steueranteile für Kärnten zu kürzen. „Es gibt Themen, über die man öffentlich nicht redet, das ist ein No-go“, wundert sich Strasser. „Als öffentliche Drohung haben wir so etwas in Westeuropa noch nie gehört.“ Den Bundesländern selbst streuen die S & P-Analysten lieber Rosen, weil sie zum Teil deutlich mehr Reformeifer zeigten als die Regierung in Wien. Als Beispiele nennen sie die Gemeindezusammenlegungen in der Steiermark und die schon länger zurückliegende Spitalsreform in Oberösterreich, die nun Ergebnisse zeige.
Aber auch den Ländern und Kommunen gibt die Ratingagentur eine Aufgaben mit auf den Weg: die doppelte Buchführung als Ersatz für die alte Kameralistik.

Hier ist der Bund vor zwei Jahren vorangegangen, mit Bilanz, Ergebnis- und Cashflow-Rechnung. Für einen echten Überblick müsste aber ein harmonisiertes System wie in der Schweiz her. Die Kommunen fehlen hier noch ganz (für sie würde freilich eine abgespeckte Version genügen). Und von den Ländern sind nur die Steiermark, Salzburg und Burgenland rasch auf den Zug aufgesprungen. Das Lockmittel von S & P: „Ein gutes Rating hängt immer auch vom Willen zur Transparenz ab.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

General view of the headquarters of defunct lender Austrian bank Hypo Alpe Adria in Klagenfurt
Österreich

"Österreich, ein Mini-Griechenland im Herzen Europas"

Hypo. Nach dem Heta-Zahlungsstopp und der Herabstufung Kärntens zieht die britische Presse schon Vergleiche zwischen Österreich und Griechenland. Das Finanzministerium beruhigt: Das Bundesland sei nicht zahlungsunfähig.
Die US-Ratingagentur Fitch stufte Österreich überraschend herunter
Österreich

Ratingagentur Fitch entzieht Österreich AAA

Österreichs Kreditwürdigkeit wird nur noch mit AA+ bewertet, Ausblick "Stabil". Einer der Gründe ist das Osteuropa-Risiko, dem die Banken ausgesetzt sind.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.