Gesucht, gefragt, gefürchtet, gebremst

(c) AP (Daniel Roland)
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1. Gesucht

Ein neues strategisches Konzept
Wer ist der Feind? Früher war alles besser, weil einfacher. Für die Nato gilt das bestimmt: Die Sowjetunion und der Warschauer Pakt schweißten die westeuropäischen Länder mit der Schutzmacht Amerika zusammen, das Feindbild war glasklar. Seit dem Zusammenbruch des Sowjetblocks 1989/1991 hat die Nato noch mehr Mitglieder und damit noch mehr Ideen über die Zukunft der Allianz. Vor allem aber steht sie völlig neuen, oft diffusen Bedrohungen gegenüber.


Ein neues strategisches Konzept, das der jetzige Gipfel in Auftrag gibt und das in 18 Monaten fertig ausgearbeitet sein muss, soll Klarheit schaffen: Gibt es die Gefahr eines konventionellen Angriffs auf das Bündnis überhaupt noch? Was soll die Nato gegen Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen tun? Obama meinte in Straßburg, die al-Qaida sei für Europa gefährlicher als für die USA. Was kann die Allianz für die Sicherung der Energieversorgung tun? Und wie weit soll der Einsatzraum der Nato reichen?

2. Gefragt

Erfolgserlebnis in Afghanistan
Was ist ein Sieg? Die Nato-geführte Afghanistan-Schutztruppe Isaf stellt die große Bewährungsprobe für die westliche Allianz dar. Militärisch, das gibt sogar US-Präsident Barack Obama zu, ist der Krieg am Hindukusch gegen die Taliban nicht zu gewinnen. Er hat vor einer Woche eine neue Strategie vorgestellt, mit der man die eskalierende Lage wieder in den Griff bekommen will und die bei einem Erfolg einen ehrenhaften Abzug der Nato aus Afghanistan erlaubt.


Die neue Strategie setzt auf einen regionalen Ansatz, die Einbeziehung aller Nachbarn in die Konfliktlösung, insbesondere Pakistans, sie setzt auf ein entschlossenes militärisches Vorgehen und zugleich auf verstärkte zivile Wiederaufbau-Anstrengungen, um die Herzen der Afghanen zu gewinnen. Für diesen Ansatz erntete Obama von den europäischen Verbündeten großes Lob. Nur, das Schulterklopfen allein wird den USA nicht genügen. Obama will nicht unbedingt mehr Soldaten und Ressourcen, „sondern die bessere Nutzung der Ressourcen, die wir haben.“

3. Gefürchtet

Der Bär, der wieder Krallen zeigt
Wie umgehen mit Russland? Der scheidende, normalerweise überdiplomatische Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer gibt beim Thema Russland zu, dass es „sehr divergierende Ansichten“ im Bündnis gebe: von „extrem vorsichtig“ bis „offensivbereit“. Tatsächlich dürfte kein anderes Thema die Nato so spalten wie die Frage des Umgangs mit Russland – und Moskau versucht, diese Trennlinien noch zu erweitern.


Die Fronten sind ziemlich klar: Deutschland, Frankreich und Italien sind Moskaus Freunde; Berlin wohl vor allem wegen seiner intensiven Handelsbeziehungen mit und seiner Energie-Abhängigkeit von Russland. Dagegen sind die baltischen und ostmitteleuropäischen Staaten aufgrund ihrer bitteren historischen Erfahrungen Russland-Skeptiker. Sie fühlen sich durch Moskaus aggressives Auftreten (Georgien-Krieg, Aufbau einer Arktis-Armee) nur bestätigt. Auch, dass die neue US-Regierung den „Neustart“-Knopf in ihrem Verhältnis zu Russland drücken will, sehen sie mit großer Sorge.

4. Gebremst

Der Ausbau der Allianz nach Osten
Wie viele Mitglieder noch? Kroatien und Albanien stoßen jetzt zur Allianz dazu; wegen des leidigen Namensstreits mit Griechenland bleibt Mazedonien weiter vor der Tür. Für die Aufnahme Georgiens und der Ukraine aber gibt es weiter keinen Konsens im Bündnis. Georgien hat sich mit dem Überfall auf Südossetien im August 2008 selbst ausgebootet; die Ukraine zeigt mit ihrem innenpolitischen Dauerstreit, dass sie noch demokratische Defizite hat.

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