Obama legt Plan für Welt ohne Atomwaffen vor

(c) EPA (Hiroshima Peace Memorial Museum)
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In Prag warten ab Samstagabend auf den US-Präsidenten 27 neugierige europäische Regierungschefs.

BRÜSSEL/PRAG. Barack Obama hat den Europäern nicht nur Forderungen mitgebracht. Er will auch guten Willen zur Abrüstung beweisen. Das wurde im Vorfeld seines Besuchs in Prag deutlich, wo er am Wochenende nicht nur mit den Staats- und Regierungschefs der EU zusammentreffen, sondern auch eine öffentliche Rede vor dem Hintergrund der Prager Burg halten wird. Kernthema: eine bessere Welt ohne Atomwaffen, die er bereits vor Jugendlichen in Straßburg angesprochen hat. Obama wählte für seine Rede gerade Tschechien aus, wo sein Land bisher eher durch die Stationierung eines Radars für das neue Raketenabwehrsystem für Diskussionen sorgte.

Lange hatte der inzwischen abgewählte und nur noch geschäftsführende tschechische Premierminister Mirek Topolánek um die Teilnahme Obamas am EU-USA-Gipfel gekämpft. Etwas enttäuscht soll der derzeitige EU-Vorsitzende allerdings gewesen sein, dass sich der US-Präsident vorab nicht so sehr für den Inhalt seines mittlerweile dritten hochrangigen Treffens in Europa interessierte, sondern eher für ein gutes Prager Lokal, in das er seine Frau Michelle in aller Ruhe zum Essen ausführen möchte.

Obama will Prag kennenlernen. Erst ab Sonntagmittag werden die 27 Staats- und Regierungschefs der EU, darunter Bundeskanzler Werner Faymann, mit ihm über die drängendsten Fragen in den USA-EU-Beziehungen sprechen können.

Tschechiens Europaminister Alexandr Vondra erwartet vor allem harte Verhandlungen über die Afghanistan-Politik beider Seiten. Die USA drängen seit Monaten darauf, dass die EU-Länder mehr Soldaten entsenden. Die meisten EU-Länder aber bremsen. Derzeit sind die Briten mit 8000 Soldaten am stärksten vertreten. Die USA stellen das Gros mit rund 55.000.

Um sanfte Töne bemüht

Vondra rechnet dennoch mit einer Annäherung. Immerhin seien die EU-Staaten bereit, mehr zivile Hilfe – etwa durch mehr Polizisten oder Rechtsexperten – sowie mehr wirtschaftliche Hilfe in Afghanistan zu leisten.

Die Regierung in Prag dürfte sich diesmal um sanftere Töne bemühen, will sie bei ihrem letzten internationalen Auftritt doch konkrete Ergebnisse erzielen. Zuletzt war sie eher mit deutlicher Kritik an der neuen US-Führung aufgefallen. Premierminister Topolanek hatte die milliardenschweren US-Konjunkturpakete als „Reise in die Hölle“ kritisiert. Washington reagierte verschnupft.

Nun dürfte Obama beim EU-USA-Gipfel erneut darauf drängen, dass auch die EU-Länder größere Konjunkturpakete schnüren, um die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise einzudämmen. Die USA, so heißt es in Washington, können nicht allein die Weltwirtschaft ankurbeln.

Eine Annäherung will man auch im Kampf gegen den Klimawandel erreichen. Obamas Demokraten haben dafür bereits die ersten Zeichen gesetzt: Sie brachten einen Vorschlag ein, demzufolge die USA bis zum Jahr 2020 ein Minus von 20 Prozent beim Ausstoß von Kohlendioxid erreichen sollen. Damit nehmen sich die USA eindeutig ein Vorbild an den EU-Staaten, die sich bereits fix zu diesem Ziel verpflichtet haben. Für Vondra geht es jetzt darum, die USA auch auf das geplante neue internationale Abkommen für mehr Klimaschutz einzuschwören. Dieses Post-Kyoto-Protokoll soll Ende des Jahres in Kopenhagen beschlossen werden.

Nicht sicher ist, ob Obama in Prag das heikle Thema Raketenabwehr ansprechen wird. Denn die Entscheidung über eine endgültige Stationierung ist noch nicht gefallen. Das Raketenabwehrsystem ist außerdem in Tschechien umstritten.

Lieber Havel als Klaus

Obama will seinen Besuch in Prag weder belasten noch überfrachten, sondern er setzt eher auf einen lockeren intellektuellen Austausch. Wohl auch deshalb will er eher wenig Zeit mit Premier Mirek Topolánek oder Präsident Václav Klaus verbringen, sondern setzt auf eine Begegnung mit Expräsident Václav Havel. In einem Vieraugengespräch will er mit dem ehemaligen Dissidenten und Schriftsteller die Weltlage erörtern.

DIE KNACKPUNKTE

Beim EU-USA-Gipfel am Sonntag in Prag werden US-Präsident Obama und die EU-Regierungschefs erneut über die Finanz- und Wirtschaftskrise sprechen. Die USA bremsen noch bei einer globalen Aufsicht über den Finanzmarkt. Die EU-Länder halten sich bei umfassenden Konjunkturhilfepaketen zurück.

In der Afghanistan-Politik drängen die USA auf einen größeren militärischen Einsatz der EU-Länder, diese setzen eher auf vermehrte zivile Hilfe und wollen sich mit ihren derzeit mehreren zehntausend Soldaten im Land sogar stärker zurückziehen.

In der Klimapolitik hat eine erste Annäherung bereits stattgefunden: Die USA wollen bis 2020 minus 20 Prozent CO-Ausstoß erreichen. Die EU-Länder haben dieses Ziel bereits fixiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2009)

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