Bronzeschwerter, Münzen, Gläser: Mit dem international organisierten Verkauf von Ausstellungsstücken füllt der IS die Kriegskassen.
Auch wenn die IS-Vandalen es auf die großen und monumentalen Kulturgüter abgesehen haben: Kleinere Ausstellungsstücke verschonen sie – um damit ihre Kriegskassen zu füllen. Die von der IS-Terrormiliz beherrschten Gebiete im Irak und in Syrien sind zum Paradies für Plünderer geworden.
Experten wie der Bostoner Archäologe Michael Danti schätzen, dass nach den Ölverkäufen der Antikenraub mittlerweile die zweitwichtigste Einnahmequelle der Jihadisten ist – noch vor den Lösegeldern für Geiseln. Danti dokumentiert im Auftrag des US-Außenministeriums die Kulturzerstörung in Syrien und im Irak. Zahlreiche bewaffnete Gruppen und Einheimische vor Ort seien seit Jahren an dem Frevel beteiligt, erläutert er. Das Ausmaß an Zerstörung durch den Islamischen Staat sowie die Dimension seiner Profite aus der Antikenhehlerei seien jedoch bisher ohne Beispiel.
Die geraubten Fundstücke werden mithilfe von Mittelsmännern über die porösen Grenzen in die Türkei sowie den Libanon geschmuggelt, wo spezialisierte Hehlerringe sie skrupellosen Kunden in Europa, den USA und den Golfstaaten anbieten. „Es ist absolut verblüffend“, zitiert die BBC den Antikenfahnder Arthur Brand aus Amsterdam. „Der illegale Handel ist total professionell organisiert, mit Büros und sogar mit Visitenkarten.“
Lukrative Geschäfte
Laut einer internen Buchhaltung der Jihadisten, die dem irakischen Geheimdienst in die Hände fiel, brachte der Antikenraub dem Islamischen Staat allein in der Region al-Nabuk westlich von Damaskus 36 Millionen Dollar ein, von delikaten Gläsern bis zu Bronzeschwertern, von Reliefs bis zu Marmorstatuen, darunter Stücke, die mehr als 8000 Jahre alt waren. Da die Plünderer und örtliche Mittelsmänner nach Angaben westlicher Experten in der Regel zwischen zwei und 4,5 Prozent des internationalen Verkaufspreises erhalten, und die IS-Jihadisten 20 Prozent Steuern erheben, beläuft sich der Schmuggelwert allein aus dieser einen syrischen Gegend auf mindestens 150 Millionen Dollar.
Insgesamt taxieren Unesco und Interpol das globale Volumen des illegalen Antikenhandels auf sechs bis acht Milliarden Dollar. Und so verabschiedete der UN-Sicherheitsrat jüngst erstmals eine Resolution gegen die global vernetzte Kunstmafia. Sie verpflichtete alle 193 Mitgliedstaaten, „gegen den Schmuggel mit dem kulturellen Erbe von Syrien und Irak“ vorzugehen. (m.g.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)