Dänemark: Rasmussen folgt auf Rasmussen

(c) EPA (Linda Henriksen)
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Der bisheriger Finanzminister übernimmt die Regierung in Kopenhagen. Sein Vorgänger, der künftige Nato-Chef, begibt sich heute in die „Höhle des Löwen“.

Kopenhagen. Mit großer Genugtuung und Erleichterung ist in Dänemark die Ernennung von Anders Fogh Rasmussen zum Nato-Generalsekretär aufgenommen worden: Erstens ersparte sie dem bisherigen Premier die Demütigung, trotz offizieller Kandidatur abgelehnt zu werden; zweitens beendet sie endlich das Machtvakuum, das seit Monaten herrschte, weil der Regierungschef seine Gedanken längst nicht mehr bei der Innenpolitik hatte, sein Nachfolger aber nicht zum Zug kommen konnte, ehe der Vorgänger abgedankt hatte.

Als der Jobwechsel klar war, machte Rasmussen kurzen Prozess. Statt wie seine Kollegen von Straßburg nach Prag zum US-EU-Gipfel weiterzureisen, hastete er noch am Samstagabend zurück nach Kopenhagen, wo er am Sonntag bei Königin Margrethe seinen Abschied einreichte. Diese ernannte eine Stunde später den bisherigen Finanzminister Lars Løkke Rasmussen zum neuen Ministerpräsidenten.

Die liberal-konservative Koalition bleibt im Amt, parlamentarisch abgesichert wie bisher von der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei. Die Parteichefinnen der Konservativen und der DVP hatten dem 44-jährigen rechtsliberalen Neo-Premier zuvor ihre Unterstützung zugesichert. Da dadurch die parlamentarische Mehrheit gewahrt ist, kann der Regierungswechsel ohne die von der linken Opposition geforderten Neuwahlen vollzogen werden.

Gelegenheiten zur Imagepolitur

Wahlen finden programmgemäß erst im Herbst 2011 statt. Bis dahin hat Løkke nicht zuletzt beim UN-Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen und während der EU-Präsidentschaft Anfang 2011 Gelegenheit, sein staatsmännisches Image zu stärken. Seine erste Herausforderung ist jedoch die Finanzkrise und die dadurch stark steigende Arbeitslosigkeit.

Die Dänische Volkspartei fordert als Gegenleistung für ihre Unterstützung, dass der Kurs bei Migrationspolitik und Kriminalitätsbekämpfung weiter verschärft wird. Der neue Premier wird vermutlich am Dienstag sein Kabinett vorstellen, wobei er nicht nur das Finanz-, sondern auch das Sozialressort neu besetzen muss. Dessen umstrittene Ministerin Karen Jespersen kündigte ihren Job auf, während in Dänemark alle Augen auf den Nato-Gipfel gerichtet waren.

Rasmussen reist nach Istanbul

Anders Fogh Rasmussen reist am Montag nach Istanbul, wo er bei einer Konferenz über den westlich-islamischen Dialog auftreten soll. Wie schon direkt nach seiner Ernennung in Straßburg, will der künftige Nato-Generalsekretär auch dort die Bedeutung guter Beziehungen zur islamischen Welt unterstreichen.

Türkische Erwartungen, dass er sich dabei für die dänische Handhabung der Karikaturen-Krise entschuldigen werde, will er hingegen nicht erfüllen. In Kopenhagen wird auch bestritten, dass die Schließung des in Kopenhagen ansässigen kurdischen TV-Senders Roj Teil des Preises war, den man für die Zustimmung Ankaras zu Rasmussens Ernennung bezahlt habe.

Die dänische Staatsanwaltschaft prüft gegenwärtig, ob sich der der verbotenen PKK nahestehende Sender durch Aufforderung zu Terrorakten strafbar macht. Diese Ermittlungen hätten jedoch mit dem Nato-Posten „nichts zu tun“. Ein Roj-Sprecher erklärte, man folge dänischen Gesetzen und habe nichts zu befürchten.

AUF EINEN BLICK

Anders Fogh Rasmussen hat nach seiner Kür zum künftigen Nato-Generalsekretär (er löst am 1. August den Niederländer Jaap de Hoop Scheffer ab) am Sonntag bei der dänischen Königin Margrethe II. seinen Rücktritt als Premier eingereicht. Es folgt ihm ein Namensvetter: Lars Loekke Rasmussen (44) war zuletzt Finanzminister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2009)

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